Saalhauser Bote Nr. 16, 1/2005


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Erlebnisse und Begebenheiten aus 30 Jahren Landarztpraxis

Hier ein weiterer Ausschnitt aus dem neuen Band mit Anekdoten von Dr. Peter Wolf. Den kompletten Band können Sie über den Buchhandel erwerben.


"Wer hat dich denn in den Bauch gebissen?"

- Mit dieser Frage überfiel mich meine Penelope, als ich aus der Dusche trat. Dabei deutete sie auf ein dick blutunterlaufenes Bissmal handbreit oberhalb meines Bauchnabels.

Ach, das war die Frau D.“ erwiderte ich lakonisch und begann mich abzutrocknen.

Doch der Blick der besten aller Ehefrauen belehrte mich, dass ich ihr wohl eine nähere Erklärung schuldete:

Am freien Mittwochnachmittag hatte ich in unserem Gartenhäuschen für unser neues Wohnhaus in Saalhausen gebastelt. Die Taschen voller Werkzeuge, versuchte ich, das Chaos der Türschlösser zu entwirren. Da kam ein Notruf: <Frau D in K., eine mir nicht bekannte Privat-Patientin, war nach einem heftigen Schlag auf die Nasenwurzel kollabiert und blutete aus einer Hautplatzwunde und aus der Nase.> Der Notarzt war am anderen Ende unseres Kerspels1 unterwegs.

Lamina cribrosa! - (Der Schädelknochen oberhalb der Nasenwurzel ist so dünn wie eine Eierschale!) - Schädelbasisfraktur ? -Teufel auch! —Besorgt brauste ich los.

Doch Frau D., die ich nach einem Eiertanz über Whiskyflaschen, Pfützen von Fusel und Erbrochenem im Obergeschoss des Hauses antraf, wollte sich nicht unter­suchen lassen. Und ihr Ehemann verlangte lediglich eine Wundversorgung mit einem Heftpflaster.

Während ich in anschaulichen Bildern die Gefahren einer nicht überschaubaren Schädel-Verletzung zu erläutern versuchte, knallte plötzlich die Wohnzimmertür zu, durch deren Glas man die Frau D. sprungbereit auf dem Fensterbrett stehend erkennen konnte. Auf der Innenseite der verschlossenen Tür steckte der Schlüssel...

Da entdeckte ich einen Bleistift mit einem Radiergummi auf der Flurgarderobe. Damit konnte ich den Schlüssel soweit drehen, dass er sich herausstoßen ließ, und öffnete die Wohnzimmertür rasch mit einem Dietrich aus der Hosentasche meines Blaumanns.

Ich bekam die Frau noch vor einem unbedachten Fenstersprung zu fassen und zog sie zu mir ins Wohnzimmer. Dabei glitt sie mit ihrem Doppelzentner-Gewicht an mir hinab und biss sich oberhalb meines Äquators im Bauchspeck fest... -

Diese Erklärung wurde von meiner Penelope akzeptiert, die mich schließlich schon seit über zwanzig Jahren kannte.


1 Kerspel=Kirchspiel (Hier etwa Praxisrevier)

PS.: Eine Variante der Türöffnung bei steckendem Innenschlüssel habe ich später noch einmal mit einem Kohlstrunk praktiziert. (S. 37 ‚ Bd. 1!)



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