Saalhauser Bote Nr. 42, 1/2018
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Fabians Traum: ein mehrmonatiger Aufenthalt auf einem Kreuzfahrtschiff.

von Carola Schmidt

Einmal über den eigenen Tellerrand schauen und die weite Welt mit eigenen Augen sehen, diesen Wunsch hatte Fabian Hampel aus Saalhausen seit Jahren. Doch wie lässt sich solch ein Plan am besten verwirklichen, ohne tief in die Tasche greifen zu müssen?

Der richtige Zeitpunkt für eine solche Zeit im Ausland war bei Fabian gut gewählt. Nach seiner Ausbildung zum staatlich anerkannten Gymnastiklehrer sowie der Weiterbildung zum Sport/Lymphtherapeuten und vor einer Festanstellung, die im Jahr lediglich die üblichen 30 Tage Urlaub gewährt und kaum Freiraum für einen mehrmonatigen Auslandsaufenthalt auf einem Kreuzschiff bietet, genau für diesen Zeitrahmen suchte und fand Fabian die Chance seines Lebens. Frei nach dem Motto: „jetzt oder nie“ startete er den Versuch, einen Job auf einem Kreuzfahrtschiff zu bekommen.

Die Fernsehsendungen „Das Traumschiff“ und „Verrückt nach Meer“ und ein Urlaub auf einem Kreuzfahrtschiff auf dem westlichen Mittelmeer stachelten seinen Wunsch weiter an. Hinzu kam das große Verlangen, andere Länder und deren Kulturen kennen zu lernen.

Der erste Schritt ergab sich durch eine Registrierung in einem Portal im Internet, spezialisiert auf Jobs auf Kreuzfahrtschiffen. Fabian wurde bei einer Reederei fündig, die eine Beschäftigung als Reiseleiter und Fitnesscoach gemäß seiner Qualifikationen anbot. Bei einem Vorstellungsgespräch in Stuttgart erhielt er einen Einblick in das Unternehmen und seinen möglichen Aufgabenbereich.

Nach kurzer Zeit kam die telefonische Zusage, gefolgt zu einer Einladung zu einer „Seediensttauglichkeitsprüfung“ in Frankfurt sowie einem einwöchigen „Basic Safety Training“. Die Kosten für diese Veranstaltungen in Höhe von 1.200 Euro musste Fabian allerdings selbst tragen.

Als Arbeitskleidung wurden seitens des Auftraggebers lediglich ein paar T-Shirts mit dem Logo des Schiffs zur Verfügung gestellt. Während der sportlichen Arbeitseinsätze waren weiße Hosen und Schuhe vorgeschrieben. Zusätzlich musste Fabian für besondere Aktivitäten an Bord wie das Empfangsdinner und das Captain`s Dinner (einem Gala-Dinner in besonders festlichem Ambiente) zunächst einige hundert Euro investieren. Das alles, bevor der erste Euro seines Gehalts auf seinem Konto eingegangen war. Ohne die Unterstützung seiner Eltern bei diesem Auslandsaufenthalt wäre sein Traum unerfüllt geblieben.

Seit seiner Rückkehr nach 6 Monaten wird Fabian von anderen Jugendlichen und jungen Erwachsenen immer wieder auf seine Erfahrungen angesprochen. Andere möchten in seine Fußstapfen treten, doch Fabian warnt vor überzogenen Ansprüchen und Hoffnungen. Auf einem solchen Schiff gibt es eine klar definierte Hierarchie und Regeln, die unbedingt eingehalten werden müssen.

Je nach Einsatzbereich auf dem Schiff verlassen die Mitarbeiter fast nie das Schiff, auch nicht zu Landausflügen. Tägliches Arbeiten im 3-Schicht-System über 6 Monate hinweg, ohne einen freien Tag, Unterkunft mit anderen Kollegen in Kabinen ohne Meerblick, in der Nähe der Schiffsmotoren, die Tag und Nacht zu hören sind und das Schiff in dauerhafter Bewegung halten. Einige Mitarbeiter an Bord sehen über Monate hinweg kaum blauen Himmel, so z.B. das Team in der Schiffswäscherei, wo bei ohrenbetäubendem Lärm gewaschen, getrocknet und gefaltet wird. In Fabians Fall betrafen diese Einschränkungen die Mitarbeiter des griechischen Schiffseigners. Das ist die eine Seite der Medaille.

Fabian hatte Glück: er konnte auf einem kleinen, aber feinen Schiff anheuern. Das Schiff gehört einem Eigner aus Griechenland und wird von einem deutschen Unternehmen für die Zeit von Mai bis Ende Oktober gechartert. Auf dem Schiff, das unter portugiesischer Flagge fährt, reisen 500 Passagiere und 250 Crewmitglieder aus über 30 Nationen über die Nord- und Ostsee sowie das Mittelmeer. Das deutsche Team bestand aus 7 Mitarbeitern (inklusive Fabian), wobei jeder seinen eigenen Aufgabenbereich hatte.

Fabian berichtet, dass die Mitarbeiter auf einem solchen Schiff in „Klassen“ unterteilt sind. Er hatte Glück. Mit wenigen Auserwählten (Kapitän, Offiziere, Kreuzfahrtdirektor) erhielt er eine Außenkabine mit Blick aufs Meer zur alleinigen Nutzung. Seine Kabine wurde täglich gereinigt, die Wäsche gewaschen und Getränke sogar in die Kabine geliefert. Auch war es ausdrücklich gewünscht, dass er seine Mahlzeiten in den verschiedenen Restaurants an Bord einnahm und dort den Kontakt zu den Passagieren pflegte. Fabians Kabine hätte ohne Getränke und Ausflüge monatlich ca. 6.500 Euro gekostet.

Doch Fabian fühlte sich durch die Privilegien nicht wirklich wohl, er suchte immer den Kontakt zu den übrigen, weniger privilegierten Besatzungsmitgliedern. Hier lernte er die Kehrseite der Medaille kennen und erkannte bald den eigenen Vorteil, z.B. sich tagsüber auch mal in Privatkleidung auf dem Schiff bewegen zu dürfen.

Fabians offizieller Arbeitsbereich bestand aus 2 Teilen. Zum einen: das tägliche Sport- und Freizeitprogramm, das er selbst erstellte und durchführte. Hier war Eigenverantwortlichkeit gefragt, so bei der morgendlichen Gymnastik „Fit an der Reling“ auf dem obersten Außendeck. Und bei weiteren sportlichen Angeboten wie Aquafitness im Außenpool, Rückenschule, Gymnastik, ebenso wie bei Geräteeinweisungen im Fitnessstudio. Im Freizeitprogramm an Bord leitete Fabian Darts- und Tischtennisturniere, Quizduelle und Shuffleboard Wettbewerbe.

Nach kurzer Zeit hatte sich eine gewisse Routine eingespielt, unterbrochen von wetterbedingten Änderungen. Wenn das Wetter ein Anlanden in kleinen Booten für Landausflüge nicht erlaubte, musste kurzfristig ein Programm an Bord her, um die Gäste bei Laune zu halten.

In seinem zweiten Aufgabenbereich war Fabian als Reiseleiter tägig. Er betrachtet es als absolutes Privileg, dass er bei jeder Reise selbst aussuchten durfte, welche Ausflüge er konkret begleiten wollte. Dadurch konnte er bei den verschiedenen Reisezielen viel sehen und erleben, was ihm finanziell sonst in diesem Maße nicht möglich gewesen wäre, schließlich kosten einzelne Landausflüge zwischen 50 und 900 Euro pro Person und Ausflug.

Als Puffer zwischen den Passagieren auf Landgang und dem lokalen Reiseleiter musste er wie eine Glucke auf die Bedürfnisse der – zumeist betagten – Passagiere eingehen und die Gruppen zusammenhalten. Das erwies sich als eine echte Herausforderung. Immer wieder versuchten einzelne Passagiere, sich von der Gruppe zu entfernen. Ein lokaler Reiseleiter stand bei jedem Landgang zur Verfügung, aber im Hintergrund organisierte Fabian den Ablauf der Ausflüge. Gar nicht so einfach, z.B. eine Gruppe von 60 Senioren, teilweise mit Rollator, bei einer Stadtbesichtigung in St. Petersburg zu begleiten und sicherzustellen, dass kein Passagier von Langfingern um sein Portemonnaie erleichtert wurde, oder Teilnehmer in einer Stadt verloren gingen, in der Straßenschilder in kyrillischer Schrift die Rückkehr zum Schiff schwierig gestalteten.

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Fabian bei einem Landausflug in St Petersburg in Russland

Dank seiner besonderen Situation konnte Fabian in den 6 Monaten auf See bei den Landgängen eine Vielzahl an Sehenswürdigkeiten und Naturschauspielen erleben, eine Erfahrung, die ihn nach eigenen Aussagen für den Rest seines Lebens geprägt hat.

Bei Interesse organisiert das Team des Saalhauser Boten im November eine Informationsveranstaltung mit Fabian auf der Basis der Fotos, die er auf den verschiedenen Reiseetappen geschossen hat. Gerne steht er dann möglichen Interessenten für weitergehende Fragen zu einem solchen Auslandsaufenthalt zur Verfügung. Auf der Homepage www.saalhauser-bote.de wird einige Wochen vorher der genaue Termin bekanntgegeben.


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