Saalhausen. Mit dem WohnGut Saalhausen schaffte die Volksbank Bigge-Lenne das zweite seiner Art (nach dem WohnGut Olpe) im Kreis Olpe. Liegt der Schwerpunkt der Angebote in der Kreisstatt auf der Pflege, so steht das Wohnen der Anlage im Luftkurort im Mittelpunkt. Ende Oktober 2019 war die Grundsteinlegung für das 12 - Millionen-Euro-Projekt, bereits am 01. September dieses Jahres soll die Eröffnung des WohnGut Saalhausen stattfinden. Carola Schmidt und Werner Riedel sprachen mit dem Projektmanager der Volksbank, Wolfgang Hilleke:
1. Das WohnGut Saalhausen ist in erstaunlich kurzer Zeit errichtet worden. Welche Schwierigkeiten gab es dabei zu überwinden?
In der Planungsphase war besonderes Augenmerk zu richten auf den Immissionsschutz sowie den Umweltschutz. So musste zum Beispiel der durch das Baufeld fließende Bach verlegt und diverse Ausgleichsmaßnahmen (Hecken pflanzen, Aufforstung einer Weihnachtsbaumkultur, Entwicklung von Extensiv-Grünland auf Fettwiese) durchgeführt werden. Eine besondere Herausforderung stellte in der Bauphase der Untergrund dar. Um die Tragfähigkeit des Bodens zu verbessern, mussten rund 650 Rüttelstopfpfähle bis in eine Tiefe von 9,5 Metern in den Boden eingebracht werden.
2. Die Akzeptanz im Ort war anfangs u.a. wegen der Vorfelderschließung geteilt. Ist dabei eine positive Entwicklung zu beobachten?
Es gab vereinzelte Sorgen und Befürchtungen, insbesondere bei Veranstaltungen im und ums Kur- und Bürgerhaus. Zudem wurde befürchtet, die Nutzung des Naturerlebnisbades könnte künftig eingeschränkt werden. Nach umfangreichen Immissionsberechnungen und Messungen wurden die Gebäude des Wohngutes geringfügig verschoben und um 3 Grad in ihrer Achse gedreht, um den Immissionsschutz gewährleisten zu können. Durch die angepasste Planung sind die heutigen Nutzungen des Kur- und Bürgerhauses, der Sportanlagen sowie des Freizeitbades auch zukünftig ohne Einschränkung möglich. Sollten tatsächlich Umweltgeräusche aus der Umgebung auftreten, so besagen Erfahrungsberichte: Sie gewähren für die Bewohner einer derartigen Wohnanlage durchaus ein Minimum an Teilhabe am sozialen Leben. Die ursprünglichen Befürchtungen, es könne zu Engpässen an der schmalen Lenne-Brücke kommen, konnten durch Erfahrungen im WohnGut Olpe zerstreut werden. Dortige Zählungen, übertragen auf die Größe der Einrichtung in Saalhausen: Im WohnGut Saalhausen kann im Durchschnitt täglich von rd. 90 PKW-Bewegungen ausgegangen werden. Die Peaks sind morgens um 7 Uhr (14) sowie um 14 Uhr (18) zu den Schichtwechseln Die übrigen PKW-Bewegungen verteilen sich über den Tag. Von den Bewohnern gehen kaum PKW-Bewegungen aus (rd. 6). Die Haupt-Besucherzeit liegt zwischen 14 und 16 Uhr (ca. 6-8). Die Anlieferungsverkehre bewegen sich auf niedrigem Niveau. Die von unserer Einrichtung ausgelösten zusätzlichen Verkehre hätten also ohne Probleme durch die bestehende örtliche Verkehrsinfrastruktur aufgenommen werden können. Der Ausbau des Fasanenwegs und die Neugestaltung des Parkplatzes rund um das Kur- und Bürgerhaus sind schon seit einigen Jahren – lange vor dem Bauprojekt WohnGut Saalhausen – sehnlicher Wunsch der Saalhauser Bevölkerung im Zusammenhang mit dem Projekt „TalVital“. Auch deshalb konnte unsere Einrichtung gar nicht der Auslöser sein, sondern – wenn überhaupt – lediglich der entscheidende Impuls für Politik und Verwaltung, dem Wunsch des Ortes jetzt nachzukommen. Bürgermeister Hundt hat auch bemerkt – und wir dürfen ihn an dieser Stelle ausdrücklich zitieren – „WohnGut Saalhausen war freudiger Anlass, aber nicht der Grund für den Ausbau des Fasanenwegs“. Eine weitere Sorge im Vorfeld war, dass die öffentlichen Parkplätze durch Besucher und Mitarbeiter blockiert werden. Aber auch diese Sorge ist unbegründet, da auf dem Grundstück des WohnGut Saalhausen mehr als 60 Parkplätze entstehen. Im Übrigen wurde das ganze Projekt von Anfang an stets offen und transparent im Ort Saalhausen präsentiert. Bereits im Februar 2017 wurden die Vereinsvorstände informiert, als es noch keine konkreten Ausführungspläne gab. In einem eigenen Blog wurde und wird regelmäßig über das Bauvorhaben berichtet und in Pressemitteilungen informiert. Zudem erfolgte die obligatorische Bürgerbeteiligung im förmlichen Verfahren. Der ganz überwiegende Teil der Saalhauser Bevölkerung sieht dem WohnGut positiv entgegen und erkennt die vielen Vorteile einer solchen Einrichtung für den Ort. (Frage 5) Denjenigen, die sich an dieser Stelle ein Wohnbaugebiet gewünscht hätten, um die örtliche Nachfrage befriedigen zu können sei noch einmal gesagt, dass schon aufgrund der angrenzenden Freizeitnutzungen sowie der angrenzenden gewerblichen Nutzung und der damit verbundenen Immissionen ein Allgemeines Baugebiet mit seinen strengeren Vorgaben baurechtlich nicht möglich gewesen wäre.
3. Wieviel Plätze (Wohnen/Pflege) gibt es künftig im WohnGut?
Im WohnGut Saalhausen entstehen die Angebote Service-Wohnen (59 Appartements), Gemeinschafts-Wohnen (18 Wohnplätze) und Pflege-Wohnen (19 Plätze vollstationärer Pflege) sowie ambulante Pflege. Das „Service-Wohnen“ gewährt eine hohe individuelle Wohnqualität in modernen, gut ausgestatteten und barrierefreien Appartements in Größen von rund 40 bis 80 m² zuzüglich Balkon oder Terrasse, um die Umgebung genießen zu können. Daneben stehen vielfältige Serviceleistungen zur Auswahl, die den Alltag erleichtern und angenehmer machen und somit Freiraum für andere Dinge schaffen. Um auch im Falle einer Pflegebedürftigkeit so lange wie möglich in der vertrauten Umgebung des eigenen Appartements leben zu können und sich dabei sicher und gut versorgt zu fühlen, bietet die Einrichtung einen hauseigenen ambulanten Pflegedienst, der nicht nur den Bewohnern zur Verfügung steht, sondern auch Bedürftigen in der Umgebung. Für Personen, die im Alltag noch gut zurechtkommen, aber für bestimmte Dinge regelmäßig Unterstützung benötigen und einen niedrigen Pflegegrad haben, wird als weitere Wohnform das „Gemeinschafts-Wohnen“ angeboten. Hier lebt man in Wohngemeinschaften mit mehreren Personen in einer modernen, barrierefreien Wohnung. In der gemeinsamen Wohnküche und behaglich ausgestatteten Gemeinschaftsräumen sind viele Kontakte und Geselligkeiten möglich. Gleichzeitig garantiert das komfortable Einzelzimmer mit angrenzendem eigenem Bad ausreichend Privatsphäre. Bei vollstationärer Pflegebedürftigkeit bietet die Einrichtung das „Pflege-Wohnen“ an, welches nach dem Wohngruppenprinzip konzipiert und in überschaubare Wohnbereiche gegliedert ist. Jeder Wohnbereich besteht aus komfortablen privaten Wohnräumen, die sich um großzügig eingerichtete Gemeinschaftsräume gruppieren, in denen die Bewohner z. B. ihre Mahlzeiten einnehmen. Das Wohngruppenprinzip fördert somit auch bei eingeschränkter Mobilität soziale Kontakte, wahrt aber gleichzeitig die Privatsphäre der Bewohner.
4. Wie groß ist die Nachfrage danach, gibt es bereits feste Verträge?
Es gibt mehr als 150 Interessenten, die zurzeit alle kontaktiert werden. Rund 20 Mietverträge sind schon unterzeichnet.
5. Im Vorfeld preist die Volksbank dieses Millionen-Projekt als immense Aufwertung der Infrastruktur in Saalhausen an. Welche positiven Auswirkungen (Handel/Gastronomie usw.) erwarten sie?
Rund 60 Ausbildungs- und Arbeitsplätze werden neu geschaffen. Die neuen Wohnangebote machen den Ort noch attraktiver. 19 vollstationäre Pflegeplätze geben Sicherheit für die älteren Menschen im Ort. Die zusätzliche Kaufkraft stärkt den örtlichen Handel und die Gastronomie. WohnGut Saalhausen schafft damit Sicherheit und Nachhaltigkeit und wird sich nach Fertigstellung der Außenanlagen als echter Hingucker wunderbar ins Ortsbild des Luftkurortes einbetten.
6. Welchen positiven Beitrag leistet ihrer Meinung nach dann die Schließung der Volksbank-Filiale im Ort?
Der positive Beitrag besteht darin, dass die Volksbank Bigge-Lenne eG trotz des immer stärkeren Digitalisierungs-Trends im Bankgeschäft Grundfunktionen am Standort Saalhausen dauerhaft aufrechterhält, während andere Banken ihre Präsenzen immer weiter zurückfahren oder nie welche hatten. Hier wurde also ein Kompromiss zwischen den betriebswirtschaftlichen Notwendigkeiten (Kosteneinsparungen) und dem Dienstleistungsgedanken gegenüber den Kunden gefunden.
7. Welche Fakten haben zu der Schließung der Filiale geführt?
Das Kundenverhalten hat sich vollkommen geändert, insbesondere durch die zunehmende Digitalisierung des Bankgeschäfts. Es gab immer weniger Nachfrage und Frequenz in der Filiale. Die alten Strukturen wurden so zu teuerund waren aufgrund der weiteren Herausforderungen für die Bank (wie zum Beispiel die Null-Zins-Politik der Euro-Zentralbank) auch nicht mehr quer zu subventionieren . Die Schließung der Filiale war also eine Reaktion auf die vielen Veränderungen auf allen Ebenen. Durch den schon vor zwei Jahren eingeleiteten Prozess „Zukunft 23“ war die Volksbank bereits gut vorbereitet auf diesen notwendigen Prozess.
8. Seit wann existierte eine Volksbank bzw. Spar- und Darlehenskasse in Saalhausen?
1999 wurde das 100 jährige Jubiläum der Filiale gefeiert, also rund 120 Jahre.
9. Derzeit gibt es vor Ort in der Volksbank nur noch Geldautomat und Kontoauszugdrucker. Selbst der Einwurf von Überweisungsträgern wurde unmöglich gemacht. Sollen alle Volksbank-Kunden ganz gezielt ins Online-Banking gezwungen werden?
Die Kunden werden nicht gezwungen, sondern sie nutzen immer mehr die digitalen Angebote. Wir folgen also nur dem Trend und führen die Strukturen zurück, die nicht mehr nachgefragt werden. Ein Briefkasten für Überweisungsträger würde z.B. aufgrund bestehender Ausführungsfristen ein tägliches Anfahren der Filiale nötig machen, was wiederum zusätzliche Kosten verursachen würde, die in keinem Verhältnis zur Nachfrage stehen.
10. In Corona Zeiten ist landesweit die Nutzung von Geldautomaten von bis zu 75% zurückgegangen. Wäre das nicht eine tolle Gelegenheit nun auch noch die restlichen beiden Automaten abzubauen?
Es ist nicht geplant, die Geräte abzubauen. Es wird in Saalhausen immer eine Auszahlungsfunktion für die heimische Bevölkerung und die Gäste geben. Ob es hier in der Zukunft zu Kooperationen mit anderen Geldinstituten kommt, kann jetzt noch nicht gesagt werden.Die Geräte vor Ort können auch von Sehbehinderten bedient werden. Darüber hinaus gibt es für die (älteren) Kunden, die Probleme mit dem digitalen Bankgeschäft haben, die Möglichkeit von 8.00 bis 19.00 Uhr sämtliche Bankgeschäfte (z.B. Überweisungen, Daueraufträge usw.) über das Kundenservicecenter telefonisch abzuwickeln. Dieser Service wird immer mehr von den älteren Kunden genutzt. Weiterhin kann man sich Bargeld auch über den Bargeldbringservice der Bank nach Hause liefern lassen. Beträge zwischen 250 und 1.000 Euro sind möglich. Einmal im Monat ist der Service kostenlos. Jeder weitere Service kostet 3 Euro. Die älteren Kunden haben die Volksbank groß und erfolgreich gemacht. Die Bank wird sie nicht vergessen!
11. Oder könnte die geringere Nutzung der Automaten durch ältere Bürgerinnen und Bürger an der Angst vor einer Corona-Ansteckung liegen?
Anfänglich war dies sicher ein Thema, Stichwort: Schmiereninfektion. Inzwischen aber erkennen immer mehr Menschen den Vorteil des bargeldlosen Bezahlens. Es ist bequemer, die EC-Karte nur noch auf das Gerät zu legen, als umständlich Geld aus dem Portemonnaie zu kramen. Bis 50 Euro funktioniert dies sogar ohne Eingabe des Pin!
12. Wie groß waren die Proteste wegen der Schließung der Volksbank-Filiale?
Gering. Als die Schließung im vergangenen Jahr angekündigt wurde, gab es vereinzelt Kritik. In Gesprächen wurden die Beweggründe ausführlich dargelegt. Auch hat es eine Podiumsdiskussion gegeben, bei der die Gründe offen und transparent kommuniziert wurden. Im Grunde konnte niemand die betriebswirtschaftlichen Aspekte nicht nachvollziehen. Anlässlich der Schließung am 30. Januar dieses Jahres gab es überhaupt keine Reaktionen mehr.
13. Was versteht die Volksbank grundsätzlich unter einer genossenschaftlichen Betreuung ihrer Mitglieder und Kunden?
„Nah am Kunden“ und Begleiter bei allen finanziellen Dingen – diese Philosophie gilt auch zukünftig. Allerdings unter modernen Bedingungen. Nicht vergessen werden sollte, dass die Volksbank Bigge-Lenne eG immer noch fünfmal im Kreis Olpe vertreten ist (Altenhundem, Attendorn, Bamenohl, Grevenbrück, Würdinghausen).
14. Wann ist die offizielle Einweihung des Wohngutes geplant?
Am 01. September 2021 wird WohnGut Saalhausen eröffnet. Eine Eröffnungsfeier wird es am 02. Oktober geben, sofern die Corona-Pandemie dies zulassen.