Saalhauser Bote Nr. 19, 2/2006
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Unsere plattdeutsche Ecke

- von Alexander Rameil -

Für unser Plattdeutsch gab es nie eine Offizielle Grammatik, da es damals nur gesprochen und nicht im Schriftverkehr gebraucht wurde. Deshalb lässt sich auch darüber streiten, wie man einige Wörter ausschreiben könnte. Folgender Bericht stammt von meinem Vater, in dem es um die Heuernte geht. Es zeigte sich, dass einige Begriffe nicht direkt zu übersetzen sind oder zu dem hochdeutschen Wort keine Ähnlichkeit besitzen. Was sind z.B. Geuläcke oder Meitekolben? Begriffe die im Folgetext hervorgehoben sind, werden am Schluss erklärt.

Hoi maken ver iuber fiftich Johren!

In der Tied wass in fast allen Huisern ne Kau odr ne Ziehe. Woi Mi´elk un Bu´etter harr, deu bruchte nit te schmachten.

Dat Hoi maken gäng imme Winter alt loss, do mochte me soin dat me en paar Schmi´elen op dr Wi´ese harr. Het mochten eis de Di´ekegri´aben opmat wärn, dann loip het Water u´eber de Wi´ese, watt sau allerloi Dung metbrachte. Dono word de Wi´ese affharket un Mollhoipe iuternein don, dann konnet wassen.

Wann de Summer käm gänget loss, het mochte eis de Siane kloppet wärn, dat me ne gurren Schni´ett dran harr. Doi Schütten Franz konn dat amme besten. Enmol kloppen kostere ne Schoppen Schnaps. Me fäng dann obends an te maggen bit dat het duister was.

Amme Muaren ümme droi Ijuär stong me wir op, dann gänget widder. De Meitekolben schängeren dat me muarns sau frau in erem Reveier was.Awer me mochte jo soin, dat me ne Wagen voll binein kreig. Het muarns schneidet amme besten, do was de Dau nau imme Grase, dann bruchte me nit sau vi´el te wetten. Het was ne stiure Arbet, het Hi´emet harr me nat schwett, de blingen Fleugen pisackeren eme.Almol häng me siek ne Lappen met en paar Dri´eppeln Franzausen-Oalch ant Hi´emet, dann harr me en wanech Rugge ver dern Viechern. Wamme Durst harr, gäng me medem Koppe iubert Siepen. Doi allen dranken no jeder Schlohe doi se liehen harrn ne Schnaps.

Wamme balle ferrig was kämen de Wiebesluie un schmeiten de Schlahn iuternein, dat de Sunne drop schienen konn.Amme Nomidag wor et dann wenget, dat de Sunne van der einen Siet drop schienen konn. Obends woret op Hiusten mat, dat de Dau nit drin käm un et wir fucht wor. Amme andern Muaren, wann de Dau iutem Graas was, mochte me Hiusten tüesseln, do lachtet Hoi wir iutbrett in der Wi´ese, dann woret nau twei-droimol wenget, wann dann de Sunne sau richtig drop pelere dann wasset ame spähen Nomidag droige. Het wor dann op Waalen mat, dat me met dr Hoigreipe drin stiaken konn. De Fauermann was alt bestallt. Pünktlich käm heu dan aan. Me hor ne alt van wiehen met dr Schwi´eppe knallen.Wann heu in dr Wi´ese was, gänget dann fix. Met dr Greipe schauf me de Waalen binein, dat me ne gehärigen Schlupp an dr Greipe harr. De Fauermann mochte dann oppassen, dat de Wagen auk nit scheuf lahen wass, siss kone in dern huppeligen Hualweagen immekippen. Wann de Wagen voll wass, käm de Hoibäum drop, dat gaffte dan Halt. Op dr Wi´ese lachten dann nau en paar Spierkes Hoi, dat wor dann met dr Treckharke bineinharket. De Wagen word dann rundrümme auk nau affharket, dat käm dann all int Drialaaken un word dann hingen annen Hoibäum hanget. De Blagen kletteren op dean Hoiwagen un harren ern Plässeier. Wan het dann almol richt bergaff gäng, mochte enner de Schriube draggen, dat was de Bremse.

Almol gänget all te richt raff un wann het dann nau rutschkch was dann käm ne Remmekihe int Raad. Terheimen word dann afflahn un käm open Balken in de Banse. Wann mol Rianen in Iutsicht was, makere me dat Hoi op Bäcke, do stonget oft wiakenlang bit de Sunne wir schien, dann gualere me dat auk nau Heime. Op dr Weuhe worn de Geuläcke mägget, dat wass nitt vi´ell un wor imme Drialaaken metdr Schuibekar heime bracht.

Det Sundages drofte me nit int Hoi, do wass de Sundag nau heulig. Blaus wann het met Rianen drugere, sachte de Pastauer muarens op dr Kanzel, dat me an di´em Sundag Hoi maken drofte.

Imme Spähsummer word dann nau Graumet maat, dat bruchte dann en kitzken länger, bit dat het droige wass, de Sunne tauch si´ek dann alt en wanig terrigge un het draugere nit mer sau gu´et. Wann dat dann opem Balken wass, konn de Winter kummen, me harr dann genauch fiar de Schringeln te friaten.Dann kämen de eisten Schläggergoise un het Voi bleif imme Stalle. Eint well i´ek nau siehen.Me bruchte domols keune Hantelbank, me harr sau genauch innen Moggen, fiar liuter Arbet. Heumachen vor über fünfzig Jahren!

In der Zeit war in fast allen Häusern eine Kuh oder eine Ziege. Wer Milch und Butter hatte, der brauchte nicht zu hungern. Das Heumachen ging im Winter schon los, da musste man sehen, dass man ein paar Schmi´elen auf der Wiese hatte. Es mussten zuerst die Bewässerungsgräben aufgemacht werden, dann lief das Wasser über die Wiese, was so allerlei Dünger mitbrachte. Danach wurde die Wiese abgeharkt und die Maulwurfshügel auseinandergeworfen, dann konnte es wachsen. Wenn der Sommer kam, ging es los, es musste zuerst die Sense gedengelt werden, dass man einen guten Schnitt daran hatte. Der Schütten Franz konnte das am besten. Einmal Dengeln kostete einen Schoppen Schnaps. Man fing dann Abends an zu mähen bis es dunkel war. Morgens um drei Uhr stand man wieder auf, dann ging es wieder los. Die Eichelhäher schimpften, weil man morgens so früh in ihrem Revier war. Aber man musste ja sehen, dass man einen Wagen voll zusammenbekam. Morgens schnitt man am besten, da war der Tau noch im Gras, dass man nicht so viel zu schärfen brauchte. Es war eine harte Arbeit, das Hemd hatte man nass geschwitzt, die blinden Fliegen ärgerten einen. Manchmal hing man sich einen Lappen mit ein paar Tropfen Franzosenöl an das Hemd, dann hatte man ein wenig Ruhe vor den Viechern. Wenn man Durst hatte, ging man mit dem Kopf über den Bach. Die Alten tranken nach jeder Grasreihe, die sie liegen hatten, einen Schnaps. Wenn man bald fertig war, kamen die Frauen und warfen die Grasreihen auseinander, dass die Sonne draufscheinen konnte. Am Nachmittag wurde es dann gewendet, dass die Sonne von der anrederen Seite draufscheinen konnte. Abends wurde es auf Haufen gemacht, dass der Tau nicht hereinkam und es wieder feucht wurde. Am anderen Morgen, wenn der Tau aus dem Gras war, musste man die Heuhaufen auseinander werfen, dann lag das Heu wieder ausgebreitet in der Wiese, es wurde noch zwei-dreimal gewendet, wenn dann die Sonne so richtig draufknallte, war es am späten Nachmittag trocken. Es wurde dann auf Reihen gemacht, dass man mit der Heugabel reinstechen konnte. Der Fuhrmann war schon bestellt. Pünktlich kam er dann. Man hörte ihn schon von weitem mit der Peitsche knallen. Wenn er in der Wiese war, ging es flott, mit der Heugabel schob man die Reihen zusammen, dass man einen großen Schlupp an der Gabel hatte. Der Fuhrmann musste dann aufpassen, dass der Wagen nicht schief geladen war, sonst konnte er in den holprigen Hohlwegen umkippen. Wenn der Wagen voll war, kam der Heubaum drauf, das gab Halt. Auf der Wiese lagen dann noch ein paar Reste von Heu, das wurde mit der Ziehharke zusammengeharkt. Der Wagen wurde dann noch rundherum abgeharkt, das kam in das Tragetuch und wurde hinten an den Heubaum gehängt. Die Kinder kletterten auf den Heuwagen und hatten ihren Spaß. Wenn es schon mal steil bergab ging, musste einer die Schraube drehen, das war die Bremse. Wenn es allzu steil bergab ging und wenn es dann noch rutschig war, dann kam eine Bremskette ins Rad.

Zuhause wurde abgeladen und es kam auf den Heuboden in die Banse. Wenn mal Regen in Aussicht war, machte man das Heu auf Böcke, dann stand es oft wochenlang, bis die Sonne wieder schien, dann holte man das auch nach Hause. Auf der Weide wurden die Geulecke gemäht, das war nicht viel und wurde im Tragetuch mit der Schubkarre nach Hause gebracht. Sonntags durfte man nicht ins Heu, da war der Sonntag noch heilig. Nur wenn es mit Regen drohte, sagte der Pastor morgens auf der Kanzel, dass man an diesem Sonntag Heu machen durfte. Im Spätsommer wurde noch Grummet gemacht, das brauchte ein wenig länger, bis es trocken war, die Sonne zog sich schon ein wenig zurück und es trocknete nicht mehr so gut.

Wenn das auf dem Heuboden war, konnte der Winter kommen, man hatte genug für die Kühe zu fressen. Dann kamen die ersten Schneegänse und das Vieh blieb im Stall.

Eins will ich noch sagen: Man brauchte damals keine Hantelbank, man hatte so genug Muskeln vor lauter Arbeit.

Schmi´elen = Grashalme/büschel

Di´ekegri´eben = Bewässerungsgräben Mollhoipe = Maulwurfshügel

Meitekolben = Eichelhäher

Schlohe/Schlahn = Beim Mähen entstandene Grasreihe/n (Mehrz.De Schlahn) Hiusten = Heuhaufen

Schwi´eppe = Peitsche

Waalen = getrocknete und zusammengeharkte Heureihen

Schlupp = Eine bestimmte Menge Heu auf der Gabel oder Dreck auf der Schüppe... Treckharke = Ziehharke

Drialaaken = Tragetuch/Laken

Remmekihe = Bremskette

Bäcke = Böcke Geuläcke = Bezeichnung für abgefressene Gräser, wo vorher das Vieh hingemacht hatte!

Schringeln = Kühe (abwertend) Schläggergoise = Schneegänse


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