Saalhauser Bote Nr. 21, 2/2007
Zurück Inhalt Vor

Testament-Anfechtung des Bernhard Rameil-Lutzen

von Alexander Rameil


Der Brief, den Bernhard Rameil (dritter v.l. auf dem Foto) 1892 an seine Eltern schrieb, enthält viel Enttäuschung, Verletzung und Frust auf seinen ältesten Bruder als Hoferben ( rechts ) -dessen Ehefrau (nicht auf dem Foto), und auf seine Eltern, aber auch eine tiefe Dankbarkeit ihnen gegenüber. Diese hätten sich bei ihrem Testament zu sehr von dem ältesten Sohn und dessen Ehefrau beeinflussen lassen. Die Originalschrift könnte verlorengegangen sein. Sie ist irgendwann mit der Schreibmaschine abgetippt worden und liegt mir hier als Kopie vor.

Saalhausen, den 1. Januar 1892

Liebe Eltern !!!

Zum ersten Neujahr, welches ich außer Euerem Hause zubringe, geziemt es sich wohl, Euch meine Glückwünsche darzubringen. Ja ich wünsche Euch, liebe Eltern, von Herzen ein langes glückliches zufriedenes Leben, Friede und Freude und einstens den Himmel. Auch ich bin in meinem neuen Stande glücklich und zufrieden. Jedoch wird dieses Glück getrübt durch die Erinnerungen aus Euerem Hause. Wenn ich gedenke der kalten Behandlung, der Verstoßung trotz innigen Bitten um da zu wohnen, all der geheimen Pläne, die gegen mich geschmiedet wurden und aller Redensarten- ja da war Verlassenheit- von Eltern- und Bruderliebe war keine Spur zu finden, weg aus dem Hause, das war alles. Aber all diesem lieblosen Handeln ist durch schurkenhafte Beeinflussung die Krone aufgesetzt durch geheime Testamentmachung. Liebe Eltern, war es schön von Euch, da wo wir die Sache bald geregelt hatten, dass Sie da auf dieses Schlangengezücht hörten und heimlich hinter unserem Rücken das Testament machten. Gott möge es Euch verzeihen, denn Ihr habt hiermit die Brandfackel unter Euere Kinder geworfen, die nimmermehr verlöschen wird, denn wir gehen lieber zu Grunde, als dass wir unser Recht fahren lassen. Dass Ihr in letzter Stunde, wo Ihr schon mit einem Fuße im Grabe steht, einen solchen Streit unter Eueren Kindern anfacht, möge Euch der barmherzige Gott verzeihen, dessen gerechter Richterstuhl schrecklich ist und dieses sind grobe Gewissenssachen. Ich glaube nicht, dass Ihr mit Wissen und Willen so handelt, aber lasst Ihr Euch von diesem missbrauchen? Warum wurde uns der Inhalt des Testaments nicht mitgeteilt ? Ist die Eintragung geschehen ? So wahr ein Gott im Himmel ist, so wahr sollen diese heillosen Schriften verflucht sein um der Gerechtigkeit willen und Unglück soll Sie verfolgen, bis der Gerechtigkeit Genüge geleistet ist. Warum hat der Vater noch gar nicht während meiner Gegenwart unser Haus betreten und die Mutter so wenig, trotzdem ich Euch anfangs mehrere male besuchte ? Ich käme gerne zu Euch, aber ich kann diese Schufte nicht ausstehen, weil Sie uns den Frieden geraubt haben, deshalb werde ich die Schwelle Eueres Hauses nicht wieder betreten, bis gerecht gehandelt wird. Könnt Ihr auf dem Sterbebette Eueren Kindern alle ruhig in die Augen sehen, in dem Kriege, den Ihr unter Sie geschleudert habt ? Oder wollt Ihr so in die Ewigkeit hinüber wandern ? Da möge Euch Gott vor bewahren. In der Hoffnung, dass wir uns doch noch mal verständigen, trete ich das neue Jahr 1892 an und wünsche auch Euch liebe Eltern ein glückseliges neues Jahr Euer Sohn Bernhard Im Auftrage der Anderen !!! Das halbe Schwein, welches Ihr mir versprochen habt, werde ich doch wohl noch bekommen, wenigstens noch einen Schinken und eine Seite. Für so ehrlos und charakterlos halte ich Euch doch nicht, dass Ihr auch hierin wortbrüchig würdet. Deshalb hoffe ich auch, dass auch dieses geregelt wird. Herzlichen Gruß Bernhard.

Bernhard Rameil wurde am 4.11.1861 geboren.

Er wohnte in "Kleffs Haus" Jenseite 7, heute Rickelhoff.

Am 20.4.1923 wurde er zum Bürgermeister von Saalhausen gewählt und am 24.04.1923 vereidigt. Am 25.06.1924 wurde er wiedergewählt.


Zurück Inhalt Vor