Saalhauser Bote Nr. 39, 2/2016
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In der Reihe "Jugendliche aus Saalhausen - Gleierbrück - Störmecke in der weiten Welt"hier ein Artikel

von Simon Christes aus Saalhausen

Meine Zeit in Ghana Im Jahr 2014 machte ich mein Abitur am Berufskolleg für Wirtschaft und Verwaltung des Kreises Siegen-Wittgenstein.

Im Jahrgang über uns kam dann irgendwann die Idee auf, einmal unsere Partnerschule, den Wilhelm Educational Complex (WEC) in Lebanon-Ashaiman nahe der ghanaischen Hauptstadt Accra in Afrika, zu besuchen, was dann eine Gruppe aus der 13. Klasse 2013 auch tat.

Im Frühjahr 2014 wurde auch in unserer Stufe gefragt, ob nicht Interesse bestünde, ebenfalls an so einer Fahrt teilzunehmen, worauf ich mich als einer der ersten Freiwilligen meldete. Schnell hatten wir auch schon unsere Gruppe, bestehend aus 2 Lehrerinnen, 3 Schülerinnen und 4 Schülern, zusammen.

Für die Reise war jedoch eine umfangreiche Vorbereitung notwendig, weshalb wir z.B. schon im Frühjahr begannen, unsere Visa zu beantragen (und auch Reisepässe, falls noch nicht vor­handen!).

Auch haben wir Sachspenden über den gesamten Sommer ein­gesammelt (d.h. Spielzeug, Mu­sikinstrumente, Bücher in engli­scher Sprache, etc.). Zudem hat ein jeder von uns medizinische Vorkehrungen treffen müssen.

So ist es z.B. für die Einreise in Ghana notwendig, sich gegen Gelbfieber impfen zu lassen, empfehlenswert sind ebenfalls Impfungen gegen Cholera, Hepatitis A, Typhus sowie eine Mala­ria Prophylaxe. Natürlich nur für den Fall der Fälle versteht sich! Am letzten Wochenende im Sep­tember wurde es langsam ernst: Wir trafen uns bei unserer Lehrerin, um letzte Absprachen zu halten und unsere Koffer mit den Sachspenden zu packen. Am 2. Oktober war es schließlich soweit. Um die Mittagszeit flog unsere Gruppe von Düsseldorf aus über Lissabon nach Accra. Mit Umstieg dauerte der Flug ca. zehn Stunden, bis wir endlich auf afrikanischem Boden landeten.

Als wir den Flughafen verließen, warteten schon Kuffour, der Schulleiter, Stephen, der Konrektor, und Michael, unser Fahrer auf uns und begrüßten uns sehr herzlich. Wir fuhren gemeinsam zum WEC, wo wir für den kompletten Monat wohnten.

Es war schon spät, also richteten wir unsere Schlafplätze (Luftmatratzen und Moskitonetze) her und legten uns schlafen. Am nächsten Morgen begaben wir uns nach dem Frühstück auf den Schulhof, denn die tägliche „morning assembly” fing gerade an. Das ist eine Versammlung, die jeden Morgen durchgeführt wird; die Schüler stellen sich in Reih und Glied auf, beten zusammen, singen die Nationalhymne und werden über Neuigkeiten unter­richtet.

Anschließend marschieren sie zum Unterricht in die Klassenräume. Gegenüber stellten wir uns neben­einander, während Kuffour den Kindern erklärte, wer wir sind und weshalb wir die Schule besuchen.

Wir besuchten den WEC, um so­ziale Arbeit zu leisten. Das heißt im Wesentlichen, dass wir dabei geholfen haben, die Schüler von Kindergarten bis Klasse 9 zu unterrichten und sie zu betreuen. Auch spielten wir mit den Kindern nachmittags Gruppenspiele, was uns besonders am Herzen lag, denn in Ghana gibt es leider die weit verbreitete Ansicht, dass, wer spielt (statt zu lernen), faul ist, dabei ist das Spielen für die Entwicklung der Kinder besonders wichtig. Dementsprechend hatten wir bereits im Vorfeld Gruppenspiele entwickelt und in der Sporthalle unserer Schule in Siegen getestet.

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Mein letzter Tag in Ghana – als Abschiedsgeschenk erhielt ich eine Nationaltracht

Uns war außerdem die Idee ge­kommen, den Kindern Bilder von Südwestfalen zu zeigen (die ver­schiedenen Jahreszeiten, wie die Orte hier aussehen, usw.), was besonders von den jüngeren Schülern mit großer Begeisterung und einem herzerwärmenden erstaunten „Oh wow!” beantwortet wurde.

Ein besonders schönes Erlebnis war es außerdem, als wir mit Schülern aus Klasse 8 und 9 ein kleines Bauvorhaben starteten. Dazu hatten wir drei Bausätze für Cajons (Trommelkisten) mitge­bracht, welche wir mit den Schülern selbst zusammenbauten. Kaum waren die Cajons fertig zusammengebaut und der Leim getrocknet, wurden sie voller Eu­phorie auf den Schulhof getragen und in Verbindung mit den Trom­meln für die „morning assembly” verwendet. Die glückerfüllten Lieder wurden dabei in reiner Im­provisation vorgetragen.

An den Wochenenden, an denen kein Unterricht stattfand, hatten wir jede Menge Freizeit, die wir vor allem durch Ausflüge nutzten.

Wir fuhren des Öfteren nach Accra und besuchten dort den großen Handwerksmarkt. Wir besichtigten den botanischen Garten in Aburi, das ghanaische Kakao­Institut, den großen Volta­Staudamm (der vor einem der größten Stauseen der Welt steht), die Hafenstadt Elmina mit ihrem ehemaligen Sklavenfort, das als UNESCO-Weltkulturerbe gilt und machten eine Wanderung durch den tropischen Regenwald im Kakum-Nationalpark, um nur wenige unserer Ziele zu nennen.

Auch besuchten wir das Unter­nehmen „Trashy Bags”, das versucht, das starke Müllproblem in Ghana zu lösen. Da es in Ghana im Bereich der Trinkwasserver­sorgung große Defizite gibt, kaufen viele Leute notgedrungen Trinkwasser in Plastiktüten, woraus sich ein Riesenproblem wegen des Verpackungsmülls ergibt. Aus solchen Plastiktüten werden in Handarbeit attraktive Taschen und Ähnliches genäht - und das mit Erfolg.

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Geographieunterricht einmal anders – es macht den Kindern offensichtlich Spaß

In einem anderen Projekt lernten wir, wie leere Flaschen zermahlen und das Granulat anschließend zu Perlen für Armbänder und Halsketten verarbeitet wird. In unserer Schule in Kreuztal werden solche Produkte verkauft, um das Projekt langfristig zu unterstützen.

Bei unseren Ausflügen nahmen wir immer Schüler aus Klasse 8 und 9 sowie einen Lehrer der Schule mit. Ich habe in meiner Zeit in Ghana viele tolle Erfahrungen gemacht und werde es niemals bereuen, diese Reise angetreten zu haben.

Noch immer geht mir das Herz auf, wenn ich an das Lachen der Kinder denke und wie die Leute in Ghana in tiefer Armut leben und doch die lebensfrohesten Menschen sind, die ich in meinem bisherigen Leben getroffen habe.

Ich empfehle jedem, dem eine ähnliche Gelegenheit geboten wird, sie zu nutzen und einen Blick über den Tellerrand zu wagen, denn man weiß nie, wann sich im Leben erneut so eine Chance bietet.

Sollte sich jemand unsicher sein oder Fragen haben, kann er mich kontaktieren. Ich teile gerne meine Erfahrungen und freue mich immer über Leute, die offen für Fremdes sind.

Kontaktadresse für mögliche E­Mails: simon.christes@yahoo.de.


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