Zum Artikel Saalhauser Bote Nr. 24, 1/2009
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Gab es in Saalhausen eine Femeeiche aus vorchristlicher Zeit?
Einige Gedanken zu einer Flurbezeichnung zwischen Rossnacken und Dolberg.
von Georg Pulte
Am heutigen Zubringer zum Rothaarsteig und Kreuzungspunkt mit der Telefonleitung zum Alpenhaus liegt unterhalb des Weges eine Bergkuppe, die ältere Saalhauser noch gut als „Köppken"
(Köpfchen) kennen. Im Katasterbuch ist für das umliegende Gelände als Flurbezeichnung "Rafenseiche" eingetragen. Ein Name, den man schon 1831 während der Urvermessung aufgenommen hat.
Vor einigen Jahren ließ mich ein Artikel von Dr. Bernd Stemmer im Landwirtschaftlichen Wochenblatt Westfalen-Lippe aufmerksam werden. Der Bericht handelt von der Femeeiche in Raesfeld, dem ältesten Baum Westfalens:
Die Eiche ist seit Menschengedenken ein Teil des Lebens der örtlichen Bevölkerung. Schon ihre Namen deuten daraufhin. So wurde die Eiche auch "Ravenseiche" (Raben-eiche) genannt. Dies bezieht sich auf den Germanengott Odin, der als Richter unter der Eiche saß und dessen Raben von den Ästen aus die Geschehnisse in der Welt beobachteten. Unter der Femeeiche tagte das mittelalterliche Femegericht, bei dem auch Todesurteile ausgesprochen wurden.
In unserem Fall muss man wohl sagen, dass die Raben die Geschehnisse im Tal beobachten sollten, denn das Köppken ist ein aus der Landschaft herausragender Punkt auf halber Höhe zu den darüber liegenden Bergen.
Ein alter vielbefahrender Weg führt vom Heimkehr Weg kommend hier entlang. Dass dieser Fahrweg in früheren Zeiten eine große Bedeutung hatte, ist an den tief ausgefahrenen Gassen zu erkennen, die teilweise in mehreren Bahnen nebeneinander verlaufen. War ein Weg durch häufige Benutzung zu schlecht, wählte man in naher Umgebung eine neue Fahrspur.
1831 hatte die Verbindung zum Köppken und weiter zum Steimel wohl schon keine große Bedeutung mehr, denn der Weg wurde nicht vermessen und in die Flurkarte aufgenommen. Beispiele für damals eingemessene Fahrwege, wir sagen heute Hohlwege, sind:
- Weg Ohl - Mühlknäppchen - Rossnacken
- Heimkehr Weg bis zur Runseke
- Weg Wiebern - Kirschlade - Illberg
- oder der alte Kirchweg nach Lenne als Fußweg vom Mühlknäppchen an der Hütte des Musikvereins entlang bis Störmecke.
Mein Großvater, Franz Metten, erzählte mir vor Jahren immer wieder von Bauernhöfen, die nach mündlicher Überlieferung vor Jahrhunderten im Bereich der heutigen Gemarkungsgrenze zwischen Saalhausen, Milchenbach und Stelborn bewirtschaftet wurden.
Das Trinkwasser haben die Bewohner möglicherweise vom Spring bekommen, einer hochgelegenen Quelle am Steimel. Bei Wasserknappheit war auch der Heilige Born noch erreichbar. Tatsächlich findet man heute noch Spuren von Ackerbau im Bereich Rossnacken - Huckenpaul (Huckenpfuhl, Krötensumpf) - Steimel, und das in einer Höhenlage von 550 bis 600 m. Eindeutige Zeichen sind Ufer, die durch Pflugarbeit entstanden sind und von den Feldern aufgelesene Steine, die auf Wälle oder Haufen geworfen wurden. Zu diesen Bauernhöfen dürfte der Weg über das Köppken zum Steimel geführt haben.
Die Deutsche Bundespost errichtete auf der alten Trasse in den 1960er Jahren die Telefonleitung zum Alpenhaus.
Nun aber zurück zur Ravenseiche.
Wie Gerd Schröder berichtet, befand sich ein imposanter drei Meter hoher Baumstumpf von einer uralten Eiche auf seinem Grundstück oberhalb des Köppkens.
Nach mündlicher Überlieferung innerhalb der Familie Schröder soll es sich dabei um die Ravenseiche gehandelt haben. Der vor langer Zeit, vielleicht vor 100 Jahren abgestorbene Baum befand sich im nördlichen Winkel des Grundstücks Flur 12 Nr. 45 nah an den Grundstücken von Gerald Gastreich (Flur 12 Nr. 44) und Friedbert Hessmann (Flur 12 Nr. 43), nicht weit entfernt von dem alten Weg.
Ob der Gerichtsplatz nun direkt unter dieser Eiche lag oder etwa 200 Meter hangabwärts auf dem Plateau des Köppkens, in jedem Fall befand er sich in exponierter Lage über dem Tal und auf halbem Wege zwischen zwei Siedlungen. Die „Saalhauser” in vorchristlicher Zeit werden sich dort versammelt haben, um Recht zu sprechen und Straftäter zur Verantwortung zu ziehen.
Zum Schluss bleibt noch eine Frage offen, die sich auf das Deckengemälde aus der Zeit um 1480 im Chor unserer alten Pfarrkirche bezieht. Gott der Herr ist darauf als Weltenrichter dargestellt.
Wollte man damit in einem alten Gerichtsort noch einmal bekräftigen, dass der Glaube an Odin ausgedient hatte?
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