Zum Artikel Saalhauser Bote Nr. 34, 1/2014
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Die Glocken unserer Pfarrkirche St. Jodokus
In zwei Weltkriegen eingeschmolzen und zu Waffen verarbeitet
von Heinrich Würde und Georg Pulte
Schlagwerk der Turmuhr: rechts wird die volle Stunde und links die viertel Stunde angeschlagen.
Die Geschichte des Geläutes der Kirche in Saalhausen ist eng verbunden mit dem Geschehen zu Anfang des 20. Jahrhunderts. Insgesamt dreimal setzten sich die Gemeindemitglieder mit viel Elan für die Beschaffung neuer Glocken ein.
Schon im Turm der alten Kirche befanden sich zwei Bronzeglocken. Pfarrer Josef Jacobsmeier schrieb dazu 1921 (nach dem Lagerbuch von 1827):
"Die ältere der beiden, die kleine, hatte folgende Inschrift: "Die Doten bewein ich, die lebendigen erfrew ich, den donner brech ich, zu salhausen adtolf hanses gericht schef, en johannes zeppenfeld, johannes jakobus rinker von Aslar gos mich anno 1706".
Die größere alte Glocke:
"Saalhausen, 1825. Im Julius zur Zeit des Herrn Curaten Schmidt goss mich Joseph Grewe aus Meschede. Concordia ist mein Name. Zur Eintracht, zu herzinnigem Vereine, versammle ich die Liebende Gemeinde."
Beide Glocken mussten im 1. Weltkrieg abgeliefert werden. Im Empfinden der damaligen Pfarrgemeinde wohl noch schwerwiegender war aber der Verlust weiterer Glocken.
1909 / 1910 entstand die neue Pfarrkirche.
Dank der freundlichen Unterstützung der Nachfolgegesellschaft der Firma Edelbrock in Gescher, der heutigen Firma Petit & Gebr. Edelbrock, Gescher, erhielten wir diese Ablichtung aus dem Auftragsbuch. Darin ist der Auftrag des Kirchenvorstands der Kath. Kirche zu Saalhausen ebenso vermerkt, wie die Lieferung der drei Glocken im Jahre 1910.
© H Würde
Beim Lesen der Aufzeichnungen von Pfarrer Jacobsmeier darüber, spürt man förmlich die große Freude über das neue, wohlgelungene Gotteshaus und die Ausstattung mit drei neuen Bronzeglocken:
"Die 3 Glocken; ein klangvolles, schönes Geläut, in den Tönen e, g, a für 5500 M. von der Firma Edelbrock in Gescher geliefert. .
Am 19. April 1910 wurden die neuen Glocken aufgezogen, und am 20. April erschollen sie zum ersten Male vom hohen Turm. Alt und jung lauschten dem mächtigen, klangvollen Geläute. …
Die beiden größten Glocken, Herz Jesu- und Muttergottesglocke, mussten auf Verfügung der Regierung während des Krieges abgeliefert werden.”
Einzig die dritte und kleinste der 1910 angeschafften Glocken, die dem Hl.Jodokus geweiht war, verblieb der Gemeinde als Notgeläut während des ersten Weltkrieges.
Über die Beschaffung neuer Glocken nach dem Krieg schrieb Pfarrer Jacobsmeier dann:
"Durch eine größere Spende von Saalhausern in Amerika wurde die Gemeinde in den Stand gesetzt, ein neues Geläute zu beschaffen. Durch Herrn Karl Berg, geborener Saalhauser, der vor einigen Jahren nach Amerika auswanderte, aber seine Liebe zur Heimat bewahrte, wurde der Gemeinde ein Geschenk von
30 000 Mk. von einem geborenen Saalhauser, John Schulte, sowie 8700 Mk., die von Familie Berg bei Wohltätern in Amerika gesammelt wurden, zugesandt.
Es wurde dann in der Gemeinde noch eine Sammlung veranstaltet, bei der alle in opferwilliger, anerkennenswerter Weise beisteuerten. Die Sammlung ergab 27 000 Mk., so dass außer dem fehlenden Rest für die Glocken noch ein Teil der Kirchenschulden abgetragen werden konnte.”
Wieder war die Gemeinde hocherfreut über das neue Geläut und niemand hätte wohl damals daran gedacht, dass nach all dem Leid des ersten Weltkrieges so schnell ein nächster Krieg auf die Menschheit zukommen würde.
Nur gut zwei Jahrzehnte später mussten im zweiten Weltkrieg 1942 alle drei Bronzeglocken abgeliefert werden.
Glockenbruchstück einer alten Saalhauser Kirchenglocke. Auf unsere Rückfrage bei der
Firma PETIT & GEBR. EDELBROCK, Gescher, erhielten wir diese Mitteilung:
"Die Buchstaben und die Eichenblätter und die Anordnung der feinen Stege spricht für ein Erzeugnis aus unserem Hause ."
Zeitzeugen berichten:
"Die Glocken wurden oben im Kirchturm zerschlagen und in Einzelteilen aus den Schalllöchern zur Erde geworfen. Beim Aufprall der Bruchstücke lösten sich kleine Bronzestücke."
Einen kleinen Splitter hatte sich unser Zeitzeuge heimlich stibitzt und dann Jahrzehnte zu Hause aufbewahrt.
Für die nächsten elf Jahre musste man sich wieder mit einem Notgeläut, der kleinen Kleppglocke über der Orgelbühne, behelfen.
Die Glocke rechts im Bild hat die Inschrift: "Verkünde das Lob des Christ - Königs"
Hier nun eingeschoben ein Bericht über einen glücklichen Zufall, durch den die Einwohner aus Milchenbach und Dünschede ihre Glocken zurückbekamen.
In dem Buch „Die Geschichte von Milchenbach zur 700 Jahrfeier 1997” ist zu lesen:
"Am 8. Juni 1942 wurde die Milchenbacher Glocke konfisziert für die Einschmelze des Metalls. Sie wurde von Arbeitern der Fa. Sondermann-Olpe vom Turm herunter geholt.
Unverhofft kam aber Milchenbach wieder an seine Kapellenglocke. Das Kriegsende war offenbar schneller gekommen, als die Glocken eingeschmolzen werden konnten.
In Hamburg lagen tausende von Kirchenglocken, die aus ganz Deutschland herbeigeschafft worden waren. Ein Zufall wollte es, dass die Milchenbacher Glocke unversehrt frei lag und vom Wendener Vikar Wächter im November 1945 gefunden wurde. Am 7. September 1947 wurde sie in einem feierlichen Gottesdienst neu geweiht und wieder an ihren angestammten Platz gebracht.”
1953 erhielt Saalhausen vier neue Glocken aus Stahl.
Aus der Chronik von Dünschede ist zu erfahren: „Die 6 Zentner schwere Glocke von 1700 musste im 2. Weltkrieg abgegeben werden. Sie kehrte jedoch am 7. August 1947 unversehrt aus dem Krieg zurück; 5 Jahre hatte sie in Hamburg gelegen.”
Nach diesem kleinen Ausflug in Orte der Umgebung nun zurück nach Saalhausen :
1953 erhielt die Gemeinde vier neue Glocken, diesmal aus Stahl.
Kostenlos durch die Spedition Zimmermann in Bochum abgeholt, wurden sie in einer Feierstunde am Abend des Fronleichnamsfestes geweiht.
Die größte Glocke hat ein Gewicht von 22 Zentnern und ist St. Michael geweiht. Sie trägt die Inschrift „Ertöne zum Gedächtnis der Toten beider Weltkriege 1914 / 18 und 1939 / 45.”
Pressebericht der Westfalenpost – Olper Kreiszeitung, Juni 1953:
"Es handelt sich um das gleiche Geläut, das vom Bochumer Verein nach Hiroshima geliefert und für Saalhausen zum zweiten Male in gleicher Art gegossen wurde.
Die Glocken sind in dis, fis, gis und h abgestimmt. Die größte Glocke hat ein Gewicht von 22 Zentnern und ist St. Michael geweiht. Sie trägt die Inschrift „Ertöne zum Gedächtnis der Toten beider Weltkriege 1914 / 18 und 1939 / 45.”
An anderer Stelle ist zu lesen:
"Stahlglocken aus der Gießerei des Bochumer Vereins, die in Klangfarbe und Größe identisch sind mit dem Geläute der Weltfriedenskirche am Detonationspunkt der Atombombe von Hiroshima." Gniffkes haben sie dort 1992 mit ihrer Tochter Cordula gehört.
Aus dem Protokollbuch des Pfarramtes St. Jodokus Saalhausen: Das Jahr 1953 soll ein Jahr des Aufbauens werden, in welchem bis heran auch fühlbar schon Gottes Hilfe + vorhanden.
Vorbildlich arbeitet der Kirchenvorstand. Er ist nicht nur eine Dekoration, sondern eine opferbereite und arbeitsfreudige Bürgerschaft unserer
Gemeinde.
Anfang Februar führte er eine Aktion durch zur Sammlung für die Glocken. Die Sammlung erbrachte eine Summe von 17 000 DM, wodurch es möglich wurde, beim Bochumer Verein das Hiroshima-Friedensgeläute zu bestellen; dasselbe kostet 12 828 DM; gleichzeitig ein Elektrogeläute bei der Firma Kuhle in Herford.
Die Herren des Kirchenvorstandes haben sich auch bei Ankunft der Glocken tatkräftig eingesetzt, sehr zur Entlastung des Pfarrers.
Zeitzeugen berichten: „Die kleinste, die St. Jodokus-Glocke, hat Gustav Gastreich bezahlt. Er starb im selben Monat und wurde am 8. Juni 1953 beerdigt. Auf seinem letzten Weg zum Friedhof begleitete ihn der Klang der St. Jodokus-Glocke.”
Die Inschriften unserer Glocken neben der großen St. Michaels - Glocke:
Verkünde das Lob des Christ - Königs
Gruss der Himmelskönigin
Preise den Hl. Jodokus, unseren Pfarrpatron
Fünf Jahre nach Einbau der neuen Stahlglocken im 42 Meter hohen Turm kam noch einmal eine große Herausforderung auf die Kirchengemeinde zu.
Der Kirchturm musste wegen Schadhaftigkeit 1958 / 59 abgebrochen und neu errichtet werden. Steine fielen bereits aus dem Mauerwerk heraus. Die Glocken ließ man vor Abbruch innerhalb des Turmes wieder herunter.
In der Chronik von 1981 lesen wir:
"Die Maurerarbeiten führte die Firma Peetz aus. Die Baumaßnahme kostete 180 000 DM ; davon wurden 80 000 DM durch Spenden der Pfarrangehörigen aufgebracht."
Der jetzige Turm (ca. 36 m hoch und damit etwas kleiner) steht neben dem alten, der sich oberhalb der Sakristei erhob. Mit einer Handwinde wurden die vier Glocken dann außen am neuen Turm wieder hochgezogen und im Glockenstuhl eingebaut.
Die Saalhauser Glocken mit ihrem schönen Klang werden uns an dem jetzigen Standort hoffentlich noch für lange Zeit erfreuen.
Im kleinen Turm über der alten Kirche befindet sich die kleine Glocke, auch Kleppglocke genannt. Sie hat einen Durchmesser von 55 cm. Die Inschrift ist nicht mehr komplett lesbar. Zu erkennen ist jedoch, dass sie im Juli 1934 in Brilon gegossen wurde.
Nach den Erinnerungen einiger Saalhauser Bürger war diese eine Ersatzbeschaffung einer alten Glocke in den 30 er Jahren. Seit Juni 2009 ist es nicht mehr möglich, die Kleppglocke zu läuten. Durch die Renovierung und gleichzeitige Vergrößerung unserer Kirchenorgel war es nicht mehr möglich, das Glockenseil zu erreichen. Die Überlegung, mit Umlenkrollen die Seilführung zu verlegen, scheiterte am Gewicht des längeren Seiles und des damit verbundenen Reibungsaufwands der Rollen.
Als in diesem Frühjahr die Südseite des Kirchendachs erneuert werden musste, und dadurch ein Gerüst aufgebaut wurde, war der kleine Turm mit der Glocke von außen gut zu erreichen. In einem Gespräch mit Alfons Heimes, Mitglied im Kirchenvorstand, haben wir erfahren, dass ein elektrisches Schlagwerk installiert wurde. Nun kann der Organist, durch Knopfdruck den Glockenklang auslösen. Jahrzehnte hat die Glocke unter anderem den Gläubigen die halbe Messe (Wandlung) durch ihren Klang angezeigt.
Bim-bam tui diek an
und kumm dann
tui diek nit te lange an
süss kimmeste in de Kerke
hingen an
Bim-bam tui diek an
und kumm dann...
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