Saalhausen, Lennestadt Sauerland





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Saalhauser Bote Nr. 38, 1/2016
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Vor 150 Jahren in Saalhausen

Das Stauwehr am Kurpark und wie im Laufe von anderthalb Jahrhunderten darum gerungen wurde
- von G. Pulte -

Die Schlacht, gehasst und geliebt. Das wäre auch ein passender Titel für diese Geschichte. Aber zunächst einmal der Reihe nach.

Die Geschichte dieser Stauanlage nahm ihren Anfang im Jahr 1865. Zuvor floss die Lenne fast ungehindert durch den Ort, doch nun sollte sich das ändern. Aufschluss darüber gibt uns eine Verpflichtungserklärung von Franz-Jos. Müller an Joh. Hennes vom 1. August 1865, die in unserem Haus in einer Abschrift vom 6. Juni 1925 erhalten ist. Nachdem ich dann Gregor Hennes ansprach und nach alten Dokumenten fragte, überließ er mir einige Schriftstücke zur Durchsicht. Und tatsächlich befand sich das Original der Erklärung von 1865 darunter.

Johann-Anton Hennes war der Besitzer des Hofes Hamers-Niersten oberhalb der Lennebrücke, heute: Auf der Jenseite 3. Sein 1687 errichtetes Bauernhaus, auch Unterste Hamers genannt, lag tief zur Lenne hin, und so hatte er verständlicherweise Furcht vor Hochwasser.

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Gründungsbeleg der Schlacht vom 1. August 1865.

Das Papier ist zur Verstärkung auf Leinengewebe geleimt. Die Risse in den Falten zeigen, dass dieses Dokument oft in die Hand genommen und aufgeschlagen wurde. Gebrochen ist nur das Papier, die Falten sind auch im Leinen vorhanden.

Die Verpflichtungserklärung:

"Der Unterzeichnete beabsichtigt das Wasser zum Betrieb seiner im Bau begriffenen Sägemühle unterhalb Saalhausen, aus der Lenne unter der Brücke wo Trilling das Wasser zur Bewässerung seiner Wiese (Langeloh) fängt, zu nehmen, und verpflichtet sich, dem Joh.Hennes gnt. Hamers hiers. gegenüber, die Sohle des Obergrabens so niedrich zu legen, daß eine Schlacht oder Wehr nicht erforderlich ist, und nur 1 Baum wie Trilling denselben bisher in die Lenne gelegt hat, hineinzulegen. Saalhausen den 1. August 1865 Franz Jos. Müller”

Nun, es blieb nicht bei einem Baumstamm quer in der Lenne, wie der nächste Beleg zeigt.

In einem Vertrag von 1879 wird dem Bäcker Gregor Heimes die Mitbenutzung des aufgestauten Wassers genehmigt. Antonius Heimes erzählte mir vor einigen Jahren davon, heute hängt dieses schöne Erinnerungsstück im Café Heimes aus. Antonius Heimes sagte auch, dass die Schlacht 1879 erbaut wurde. Dieser mündlichen Überlieferung nach war mit dem Vertrag die Erlaubnis verbunden, das Ufer von Heimes' Grundstück zum Bau des Stauwehres zu nutzen.

Der Vertrag:

"Der Mitunterzeichnete F. J. Müller besitzt die Concession das zum Betriebe seiner Sägemühle nöthige Wasser aus dem Lennefluße abzuleiten. Der Bäcker Gregor Heimes will nun eine Brotteigknetmaschine anlegen und ebenfalls das Wasser zum Betriebe dieser Maschine aus dem Lennefluße an derselben Stelle ableiten. p.p. Müller will dem p. Heimes dies insoweit gestatten, daß Müller resp. der jeweilige Besitzer der erwähnten Sägemühle das Vorrecht zur Benutzung des Wassers hat und von Heimes oder dessen Nachfolger durch Ableitung des Wassers in seinem Betriebe nicht gestört und nicht geschädigt wird. p. Heimes erkennt das Vorrecht des p. Müller ausdrücklich an, verspricht dem p. Müller oder dem jeweiligen Besitzer der Sägemühle seinen Betriebe durch Entziehung von Wasser nicht zu schädigen, namentlich bei kleinerem Wasserstande sich den Anordnungen des p. Müller oder des jeweiligen Besitzers der Sägemühle in der Benutzung des Wassers zu fügen. Doppelt ausgefertigt und von beiden Theilen unter Zuziehung von Zeugen eigenhändig unterschrieben.

Saalhausen, den 28ten August 1879

F. J. Müller
Gregor Heimes
Franz Rameil als Zeuge
Josef Schöttler als Zeuge”

In den folgenden Jahren und Jahrzehnten hatte Saalhausen immer wieder unter Hochwasser zu leiden, verstärkt durch die Schlacht, die Barriere in der Lenne. Bei der Katharinenflut 1890 war fast der gesamte damalige Ort überflutet. Mein Großvater Franz Metten erzählte mir, dass bei dieser Flut ein vom Wasser mitgerissener Baumstamm die Wände des Hauses Göbeln-Backes (heute Rameil, Auf der Jenseite 8) durchbrochen hätte. Die Hochwassermarke von 1890 an der gegenüberliegenden Mauer des Schultenhofes befindet sich 63 cm über dem Boden. Eine weitere Marke aus diesem Jahr ist über dem Gehweg der Hauptstraße an der Neuenhauser Treppe zu sehen (Winterberger Str. 45). Diese Eisenplatte wird vom Streusalz leider immer mehr zerfressen und bald nicht mehr zu sehen sein.

Aus dem Protokollbuch der Gemeinde Saalhausen, 22.12.1890 : "., da sie (die Gemeinde) durch die letzte Hochflut sehr schwer geschädigt ist, wovon sich Herr Landrat Freusberg von Olpe selbst überzeugt hat. Es werden Jahre damit vergehen, ihre eigenen Brücken und Dorfwege, die völlig zerstört sind, wieder zu bauen, nicht zu reden von den Feld- und Waldwegen. … … . Durch die letzte Hochflut sind sämtliche Verkehrswege der Gemeinde vollständig zerstört, das Privateigentum an Häusern, Gärten, Wiesen und Feldern sehr schwer geschädigt. Die Gemeinde ist nicht imstande, diese notwendigen Wegebauten, Brücken- und Kanalreparaturen vorzunehmen; es müßte ein Kapital von mindestens 19.000 bis 20.000 Mark aufgewendet werden. Die Gemeinde Saalhausen stellt daher durch die unterzeichneten Vertreter die dringende Bitte an die Amtsverwaltung zu Kirchhundem, ihr aus dem Reservefond des Amtes Kirchhundem eine Summe von 15.000 Mark bewilligen zu wollen.”

Die wiederkehrenden Überflutungen nach dem Bau der Schlacht waren auch ein Grund für den Neubau der Kirche in Saalhausen. Pfarrer Jacobsmeier schrieb dazu 1921 in seinem Buch „Kurze Geschichte der Pfarrei Saalhausen”: "Bei Überschwemmungen drang das Wasser in die tiefliegende Kirche … Bei der großen Wasserflut im Jahre 1909, wo der ganze Kirchhof, die Kirche und Pastorat unter Wasser stand, mußte an einem Sonntage der Gottesdienst ausgesetzt werden. Das Wasser stand in der Kirche bis über die Sitzbänke.”

Und auf den folgenden Seiten dieser Chronik ist zu lesen: "Da ihr Fußboden sehr tief zur Talsohle liegt, war bei jedem Hochwasser die ganze Kirche unter Wasser und dann tagelang unbrauchbar. Ein solches Hochwasser trat am 24. November 1890, am 4. Und 5. Februar 1909 und im Winter 1911 ein. Im Februar 1909 stand die Kirche ganz unter Wasser. Nachdem das Wasser abgeflossen, war längere Zeit in der Kirche eine eisige Kälte. Unter diesen Umständen fasste man den Plan, eine neue Pfarrkirche zu erbauen.”

Ende 1909, am 6. November, beriet dann auch wieder der Gemeinderat über die Hochwassersituation (Protokollbuch): "Um den sich immer wiederholenden und schadenbringenden Überschwemmungen des Ortes Saalhausen wirksam vorzubeugen, soll die rechtsseitige Ufermauer zwischen den beiden Brücken entsprechend erhöht oder erneuert werden. (Anmerkung meinerseits: Die Brücke zum Ohl war ab Juli 1903 errichtet worden, vorher gab es im Ort nur die eine Brücke bei der Kirche.) Die Überflutung an der linken Seite soll durch Anlage eines Dammes auf der Grenze des Hofraumes von Fr. Ant. Rameil und Franz Metten verhütet werden. Vertretung ist der Ansicht, dass durch diese Maßnahmen, das Dorf dauernd vor Überschwemmungen geschützt sein kann. Der Vorsteher wird beauftragt, einen Sachverständigen hinzuzuziehen und wegen eines möglichst hohen Zuschusses aus Staats- und Provinzialmitteln alles Erforderliche zu veranlassen.”

Am 29. 1. 1913 beschäftigte sich der Gemeinderat wieder mit dem Thema Hochwasser. Auffällig am Ergebnis der Beratung ist, dass bei den auszuführenden Maßnahmen die Mauern auf der rechten Lenneseite nicht mehr genannt sind. Diese Bruchsteinmauern, von der Ohlbrücke entlang der Stenn bis zur Kirche hin waren also schon fertiggestellt.

Das Ratsprotokoll:

"Die heutige Sitzung der Gemeindevertretung dient der Besprechung des Projekts zur Abwendung von Hochwasserschäden im Ort. Dabei werden eingeholte Vorschläge des Wiesenbautechnikers Hermann, Vertreter des Königl. Wiesenbaumeisters Heinemann zu Siegen, zugrunde gelegt und diesen auch zugestimmt. Der vorläufige Entwurf umfasst verschiedene Punkte:

  • A Erweiterung des Lenneprofils / Regulierung der Lenne;
  • B Erweiterung des Brückenprofils, Entfernung eines Brückenpfeilers;
  • C Entwässerung des Ortes auf der linken Lenneseite, dazu oberirdische Ableitung des Wiebernbaches und Ableitung durch Kanalisation. Dadurch wird gleichzeitig eine notwendige unterirdische Entwässerung des Ortes auf der linken Lenneseite geschaffen;
  • D Vermessung der Weggrenzen auf der linken Dorfseite vor Beginn der Kanalisationsarbeiten.

Die Ausführung der Arbeiten müsste in vier Abschnitten erfolgen. Die Behörden, welche Kosten und Zuschüsse für dieses Projekt bewilligen, werden gebeten, diese auf vier Teile getrennt zu veranschlagen.”

Da hatten sich die Mitglieder der Gemeindevertretung einiges vorgenommen. Aber die Lennefluten der vergangenen Jahre ließen ihnen wohl keine andere Wahl. Eine Ernüchterung folgte im Ersten Weltkrieg.

Protokoll vom 11. 3. 1915:

"Laut Verfügung des Herrn Landrats müssen alle weiteren Verhandlungen über die Abwendung von Hochwasserschäden vom Ort Saalhausen bis nach dem Feldzug vertagt werden.”

Die Fortsetzung dieses Berichts folgt in der nächsten Ausgabe des Saalhauser Boten. Dann geht es zunächst um die Wut der Saalhauser über das Stauwehr, bis hin zur Eintragung von Protest im Wasserbuch bei der Preußischen Regierung zu Arnsberg, heute Bezirksregierung. Aber das ist dann auch noch nicht die ganze Geschichte, denn später wandelte sich die Meinung im Ort genau in das Gegenteil. Das hässliche Entlein wurde zum leuchtenden Schwan, also die Schlacht zum Postkartenmotiv in Saalhausen, -mit Eventcharakter-.

Mein besonderer Dank geht an Herrn Kalitzki, Stadtarchivar Lennestadt, der mir bei der Entzifferung handschriftlicher Texte in altdeutscher Schrift behilflich war und Abschriften erstellt hat.


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