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Saalhauser Bote Nr. 21, 2/2007
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Zeitzeugen berichten über besondere Ereignisse. Paul Rötz im Gespräch mit dem Saalhauser Boten

von F.W.Gniffke

In unregelmäßigen Abständen berichteten Zeitzeugen immer wieder im Saalhauser Boten über besondere Erlebnisse und Ereignisse. Ich bin froh und dankbar, dass ich Paul Rötz, meinen Nachbarn, nun gewinnen konnte, über seine Gefangenschaft in Russland zu berichten.

Es war schon vor Jahren, anlässlich des Totengedenkens am Ehrenmal an der Kirche, als wir ins Gespräch kamen über die vielen Schicksale, die der unheilvolle Krieg geschaffen hatte. Paul Rötz berichtete mir andeutungsweise, dass er auch 1943 als vermisst gegolten habe und als Spätheimkehrer 1948 aus russischer Gefangenschaft heimkehrte.

Immer wieder sagte mir Paul Rötz, wenn ich ihn bat, mir doch etwas mehr als damals für den Boten zu berichten: „Ach, das ist doch sicher nicht so wichtig, die Leute denken dann sicher, der Paul will sich nur wichtig nehmen“.

Ich bin froh, dass ich ihn nun überzeugen konnte, denn gerade die Berichte von Zeitzeugen sind uns wichtig, helfen sie uns doch, unsere Vergangenheit zu erhellen und sie für die Nachwelt wach zu halten.

In dieser Ausgabe drucken wir den Brief des Leutnants Bumzel ab, den er am 28.11. 1943 an die Eltern von Paul Rötz schrieb. Ebenfalls drucken wir die Karte Sowjetische Kriegsgefangenenlager 1944 ab. Hier ist Paul Rötz Schicksalsweg in den Jahren 1943 bis 1948 eingezeichnet.

In der Frühjahrsausgabe des Boten 2008 werden wir mehr berichten. Kompanie-Gefechts-Stand, 28.11.43

Sehr geehrter Herr Rötz!

Es ist eine schwere Pflicht, für jeden Soldaten die schwerste, die mich heute an Sie schreiben lässt. Ich muss Sie von folgendem Vorkommnis in Kenntnis setzen:



Ihr Sohn Paul wurde am 17.11. im Kampf gegen den Bolschewismus verwundet und wird seit dem 18.11.43 vermisst.

Am 17. November griff der Russe mit einem stärkeren Kampfverband unsere Stellung an mit dem Angriffsschwerpunkt bei der Gruppe, wo Ihr Sohn Paul, der Ogfr. Paul Rötz eingesetzt war. Bei dem erkannten Angriff wurde alarmiert, und Ihr Sohn verteidigte zusammen mit einem anderen Kameraden seiner Gruppe den Wohnbunker der Gruppe. Die anderen Soldaten waren auf den Kampfständen links und rechts vom Bunker eingesetzt, um den angreifenden (!) Feind abzuwehren.

Durch das starke Feuer des Feindes wurden die Kameraden verwundet und fielen zur weiteren Verteidigung aus. Der schwerverwundete Gruppenführer holte Verstärkung herbei. Doch wurden uns Verluste nicht erspart, und nur Ihr Sohn blieb, wie von anderen Beobachtungsstellen aus bemerkt wurde, übrig. Er setzte sich gegen den immer wieder anstürmenden Feind heldenhaft zur Wehr. Hierbei wurde er vermutlich verwundet. Doch nahm er nacheinander sämtliche verbliebenen Waffen der Gruppe und wehrte zäh und verbissen kämpfend den Gegner ab. Doch gelang es dem Feind mit seiner Übermacht, vorübergehend in die eigene Stellung einzubrechen, noch ehe die herangeholte Verstärkung zum Gegenstoß zur Stelle war. Der Gegner konnte sofort wieder geworfen werden, doch wurde Ihr Sohn Paul nicht wieder angetroffen.

Es lag die Vermutung nahe, dass er von einer zweiten eigenen Gegenstoßgruppe aufgenommen wurde und wegen der Verwundung dem Arzt zugeführt wurde. Nach dem Abschluss der Kampfhandlung wurden sofort die diesbezüglichen Nachforschungen angestellt. Doch blieben diese, sowie die anderen Nachsuchen nach dem Verbleib Ihres Sohnes leider bis jetzt noch ergebnislos. Ich habe mich daher entschlossen, Ihnen den Vorfall mitzuteilen.

Wahrscheinlich ist es, dass Ihr Sohn Paul in dem kurzen Augenblick, wo er als einziger (!) noch kampffähig war, doch noch vom Gegner überwältigt wurde und beim Rückzug mitgenommen ist. Denn beide Gegenstoßgruppen fanden seine Spur nicht mehr vor, nachdem die Lage wiederhergestellt worden war, was nur ganz kurze Zeit dauerte.

Das Schicksal ist hart, da die Ungewissheit über den Verbleib Ihres (!) Sohnes besteht. Doch möge es Ihnen (!) ein Trost sein, dass Ihr Sohn seine Pflicht in höchstem Maße erfüllt hat und durch seinen Einsatz das Leben vieler Kameraden rettete, weil er den weiteren Einbruch einer vielfachen Übermacht heldenhaft abwehrte. Und sollte es das Schicksal nicht wollen, dass er nach der siegreichen Beendigung des Krieges in die Heimat zurückkehrt, dann ist sein Opfer eines der vielen, die die wahre Freiheit des neuen Großdeutschland begründeten.

Die Kompanie vergisst den beispielhaften Einsatz eines Kameraden nie! Bei dem Angriff wurde der Bunker durch Volltreffer vernichtet. Die Privatsachen Ihres Sohnes somit zerstört. Wenn sich etwas anfindet, sorge ich für umgehende Übersendung.

In allen Fürsorge- und Versorgungsfragen steht Ihnen jeder Fürsorgeoffizier und auch ich mit Rat und Tat zur Verfügung.

Ich grüße Sie in aufrichtigem Mitgefühl im Namen der Kompanie!

H. Bumzel, Leutnant..




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