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Saalhauser Bote Nr. 21, 2/2007
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Josefa Berens-Totenohl Gedenkstube in neuen Räumen, aber auch mit neuem Konzept

von F.W.Gniffke

Die Ausstellung „Josefa Berens-Totenohl -Die Malerin“ vom 11.-12.08.2007 im Haus des Gastes hat gezeigt, dass das Interesse an unserer Heimatdichterin und Malerin immer noch sehr groß ist.

Im Zusammenhang mit der Erarbeitung des Museumsentwicklungsplanes für den Kreis Olpe -Heinrich Würde und ich nahmen an den Diskussionen teil und erarbeiteten erste Grundgedanken für eine zeitgemäße Erweiterung unserer Gedenkstätte - werden wir nach einem nötig gewordenen Umzug in neue Räume an die Umsetzung eines neuen Konzeptes gehen.

Mit diesem Artikel, liebe Leserinnen und Leser des Saalhauser Boten, möchten wir Sie um Mithilfe bei der Gestaltung des neuen Konzeptes der Gedenkstube bitten. Wir suchen Fotos, Dokumente, Zeitungsausschnitte und „ausstellbare“ Gegenstände, die helfen können, der Person Josefa Berens – Totenohl in all Ihren Fassetten gerecht zu werden.

In dem neuen Konzept denken wir daran, in pädagogisch geprägten Führungen, auch für Schulklassen, die Widersprüchlichkeiten der Person Josefa Berens – Totenohl in ihrer Zeit, hier bei uns und weit darüber hinaus aufzuzeigen. Sie ist ja in der NS – Zeit kein Einzelfall gewesen. Wir wollen Sie daher bitten, bei unseren Treffs schriftlich oder im Gespräch mit dem Team des Saalhauser Boten Anregungen, Vorschläge und Kritik zu geben.

Wir wollen deutlich herausstellen, wie es unser Bürgermeister Alfons Heimes in seiner Würdigung bei der Ausstellungseröffnung sagte: „Sie hat sich vor den Karren der Nazis spannen lassen, hat einer Vereinnahmung nie entgegen gewirkt, hat sich freiwillig für die Idee des Nationalsozialismus instrumentalisieren lassen.“

Wir wollen nicht, wie in einem Leserbrief der westfälischen Rundschau zur Ausstellungseröffnung gefragt wurde, „posthum einen Persilschein“ ausstellen.

Wir wollen in der Gedenkstube die Exponate so zeigen wie bisher. Es soll aber mit verschiedenen Medien eine Auseinandersetzung mit der Künstlerin, ihrer Zeit und uns möglich werden. Um dies zu leisten, brauchen wir Ihre Hilfe, Ihre Materialien, Ihre Anregungen und das Gespräch mit Ihnen.

Verschiedene Institutionen wurden von uns angeschrieben (Bildstellen, Universitäten und ähnliche Einrichtungen, die sich mit der Aufarbeitung der NS – Zeit befassen). Zurückgreifen können wir auf die Nr. 17 der Grevenbrücker Jahreshefte mit dem umfangreichen Aufsatz von Dr. Arnold M. Klein und dem Stadtarchivar der Lennestadt, Jürgen Kalitzki: „Nationalsozialistische Literatur- und Kulturpropaganda 1933 – 1945 – Die Schriftstellerin und Dichterin Josefa Berens – Totenohl“.

Eine weitere große Hilfe in der Aufarbeitung liegt uns auch in der Diplomarbeit einer Studentin der Universität Osnabrück vor: „Josefa Berens – Totenohl, Dichterin zwischen Ideologie und politischer Naivität“. Wir freuen uns auf Ihre Anregungen und Gespräche!

Diese Einleitung für den Bildband „Westfalen - Land der roten Erde“ wurde 1955 von Josefa Berens – Totenohl geschrieben (Auflage 8, Umschau Verlag, Frankfurt a. M.)

Westfalenland

Du bist nicht mächtig,
bist nicht wild,
bist deines stillen Kindes Bild,
das, ach, mit allen seinen Trieben
gelernt vor allem, dich zu lieben.

So besang Droste ihr westfälisches Heimatland. Heute hat sich ein Neues in das anmutsvolle Bild hineingeschoben: das Industriegebiet an der Ruhr. Es verwirrt jedoch nicht das Antlitz westfälischen Le­bens, sondern ergänzt es. Dennoch denkt auch heute noch, wer von Westfalen spricht, zuerst an ein weites fruchtbares Bauernland, eben und verträumt; an ein Land, in dem die Höfe einzeln verstreut liegen, nur in Rufnähe.

Auf diesen Höfen leben und schaffen die Menschen. Sie bebauen und vererben ihre Erde nach altem Gesetz und Brauch, eigenwillig, eigensüchtig. Eichbäume stehen wie Hausgötter um die Gehöfte her, Bild und Sinnbild für beides: für Gebundenheit an die Erdentiefe und für die Verlorenheit an den Himmel droben, der sich weit, unermesslich weit über dem Lande dehnt, einen Himmel, an dem sich die Gewitter zu­sammenballen und ihren Weg nehmen, sichtbar vom Aufgang bis zum Untergang. Ringsum auf den Fel­dern wogt das reifende Korn, bedrängt vom Westwind, der frei und herrisch vom Atlantik hereinbricht., Seine Zeugen sind die Birken und Weiden an Wegen und Flüssen. Sie alle sind zur Seite geneigt, weil sie anders nicht zu bestehen vermögen. Nur die Eichen bleiben aufrecht und trotzen den Wettern durch Jahr­hunderte hindurch.

Das Volk dieses Landes mag sich gern in den Herdwinkel des niedrigen Bauernhauses bergen, wenn im Herbst die Stürme rasen und einander hetzen. Dem Westfalen fehlt, was dem Leben einen leichten, heiteren Schimmer verleihen könnte: der Wein etwa, der dem Rheinländer die Zunge löst, oder eine fröhlichere Landschaft, wie sie den Menschen südlicheren Zonen geschenkt ist. Der Westfale, der in der Ebene seinen Hof bewohnt, hat es schwer mit sich selber. Er ist einsam. Die Rede fließt ihm nicht leicht daher.

Ein anderes Gesicht trägt das westfälische Bergland. Das Hügelgelände vor den Bergen sammelt die Bewohner, sie siedeln in Gemeinschaft.

In der fruchtreichen Soester und Warburger Börde und weiter im Lande des Teutoburger Waldes und der Weser liegen schöne Dörfer inmitten der Wälder. Dort wölben sich Buchendome über schattigen Gründen, in denen es noch raunt von großem Geschehen der Vorzeit, Die alten Götter reden dort noch. Was einmal starkes Leben war, stirbt nicht.

Besonders einsam dagegen sind die gebirgigen Teile Westfalens, das Siegerland und Sauerland, vor allem das Hochsauerland mit dem Rothaargebirge. Abgeschlossenheit ist hier Schicksal. Grüne Laubwälder und dunkle Tannen rauschen an den steilen Hängen. Bis in die Täler hinein reichen sie mit ihrer unüberhörbaren traumseligen Musik. Da wagt sich am Abend oder Frühmorgen das Reh in die heimlichen Wiesen hinein, und die Füchsin lehrt ihre Jungen altererbte Jagdkünste. Um die Kuppen fegt der Sturm. Das spärliche Korn reift dort spät und wird notreif in die Scheuer gebracht.

Naturschönheit ist der Reich­tum dieses Landes, eingefangen im Wald, der das Sauerland beherrscht und ihm sein Gesetz aufzwingt: die Zeitlosigkeit. Wer hier Aussaat hält, tut es zumeist für kommende Geschlechter. Das gilt vor allem vom Laubwald, von der Buche und mehr noch von der Eiche. Von diesem strengen Gesetz lebt auch etwas in den Menschen des Sauerlandes. Wachheit und Traum, Ruhe und Unruhe, Weichheit und Härte, Geduld und Ungeduld, alles ist da, und jeder muss den Ausgleich suchen und irgendwo in sich finden.

So leben sie zusammen und streiten zusammen in engen Dörfern, denn es fehlt an Raum. Hier krönt ein Dorf die Kuppe des Berges, dort legt es sich wie ein schwarzweiß gewirkter Mantel einem Hügel um die Schultern oder zieht sich in langer Schleppe durchs Tal hin. Immer bleibt es malerisch, wenn auch immer anders, weil es der Möglichkeiten in diesem Lande so viele gibt. Und bei aller Zusammengedrängtheit ist das Getrenntsein der Menschen sehr groß, weil Bergrücken von Dorf von Dorf schärfer scheiden als im ebenen Lande. Noch im Gedanken der Bewohner schwingen sie mit und schaffen Ferne.

In der gleichen Stunde, da im Gebirge hoch über den Dörfern das Sonnenlicht tausendfarbig über die Bergkuppen ausgegossen ist, fließt im westfälischen Industriegebiet der gewaltige Strom der Menschenarbeit dahin und kann nicht eine einzige Sekunde ruhen und den Atem anhalten. Auch dort geht am Tage noch der Bauernpflug über den Acker, auch dort wächst noch Korn. Aber das Gesicht dieser Land­schaft ist nicht mehr das bäuerliche. Wer hier Westfalen sucht, begegnet dem Gesicht der Arbeit. Hier ist andere, härtere Prägung und umfassendere. Die verschiedensten Menschenarten suchen und finden hier ihren Ausgleich im gemeinsamen Dienst am großen Werk. Man muss in den Nächten dieses Gebiet durchfahren, um eine Ahnung von seiner Gewalt zu bekommen, in den Nächten, wenn die Flammenstöße der Hochöfen dem Auge sichtbar werden und die Türme der Zechen im Feuer stehen. Fast kann man nicht mehr von Städten im Industriegebiet sprechen, denn es ist eine einzige große Stadt geworden, eine Stadt ohne Maß, und, so könnte es scheinen, ohne Gesetz. Doch das ist irrig. Gerade das Große bedarf der Ordnung. Nur ist diese verborgener, unsichtbarer. Mag sie im Kohlenbezirk an der Oberfläche Wirbel und Welle und Sturm haben. Wo soviel Leben im Kampf brodelt, kann es anders nicht sein. Aus der Tiefe der Notwendigkeit aber wächst das Ordnende und fügt zusammen, was zueinander kommen muss, damit Segen werde.

Welche Gegensätze hat das westfälische Land in seinen Städten! Ein Fest für die Augen sind die Schön­heit und Ausgeglichenheit der in früheren Zeiten langsam gewachsenen Städte wie Münster und Paderborn, Städte, die sich um kirchliche Mittelpunkte und Dome bildeten; oder Arnsberg, Berleburg, die um Fürstensitze wuchsen; oder das Wunder der Stadt Soest, der Hansestadt, der Mutterstadt Lübecks, gern das heimliche Herz Westfalens genannt. Und drinnen die Kunstschätze des Landes, die Offenbarung westfälischen Lebens, westfälischer Seele, unschätzbar und unverlierbar! Was in den Bränden des Krie­ges unterging, es ersteht neu und hat doch das zeitlose, uns innewohnende Gesetz, das allein Zeugnis von unseren Menschen geben kann. Auf der anderen Seite die Industrie! Dort geschieht Zeugung, Neugeburt unseres Lebenstages, Neugeburt mit allen Schmerzen und Hoffnungen. Also gehört es zusammen im westfälischen Raum; Altes und Neues, Bewahrtes und Werdendes. Dann brauchen wir nicht zu fürchten, unser Leben könnte verfälscht werden, oder es könnte in den feuerspeienden Hochöfen an der Ruhr untergehen. Wir bleiben Menschen.

Josefa Berens- Totenohl.

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