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Saalhauser Bote Nr. 33, 2/2013
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Frau Christel Demmeler aus München schrieb

von Christel Demmeler

… und schickte uns ein interessantes Dokument aus der Saalhauser Zeit um 1928. Wir danken Frau Demmeler auch auf diesem Wege.

Sehr geehrter Herr Gniffke, seit vielen Jahren besitze ich einen Brief meines Großvaters, Josef Schulte-Schmies, gerichtet an seine Tochter Josefa.

Da Sie sich seit langem intensiv um die Belange Saalhausens in früherer und heutiger Zeit kümmern, möchte ich Ihnen diesen Brief aus dem Jahre 1928 zur persönlichen Erheiterung zusenden. Er wurde mit spitzer Feder, dazu winzig klein und in deutscher Schrift geschrieben (Ausschnitt anbei /Kopie). Ich habe ihn z.T. mit Lupe für die Nachwelt "übersetzt". Bei Nichtentzifferung der "Hieroglyphen" steht dort ein Fragezeichen.

Der Brief ist ein Spiegelbild der damaligen Verhältnisse und Stimmungen in Deutschland. Nach den schlimmen Jahren des 1. Weltkrieges und der großen Inflation fassen die Menschen wieder Mut und sehen auch die heiteren Seiten des Lebens ("Goldene 20er Jahre"). Noch ahnen sie nichts von der großen Weltwirtschaftskrise (1929), der "braunen Diktatur" (1935) und dem furchtbaren 2. Weltkrieg (1939-45). - Zum Unterschied zu heute fällt die Bescheidenheit der Lebensführung auf. Man ist mit Wenigem zufrieden (z.B. Essen). Auch in einem kleinen Dorf im ruhigen Sauerland war damals immer etwas los. Jeder kannte jeden; Probleme mit sozialen Kontakten gab es wohl nicht. Mein Großvater hat getreulich viele Jahre lang seine Berichte aus dem Dorf an meine Mutter gesandt, die in der Ferne Heimweh nach Saalhausen hatte.

Mit freundlichen Grüßen, auch an Ihre liebe Frau ! Gez. Christel Demmeler

Dit un dat iut unsem Duarpe.. im Jahr 1928

Brief von Josef Schulte-Schmies (1860-1943) an seine Tochter Josefa (1904-1956) Zur Situation: Josef Schulte-Schmies (mein Großvater) ist allein daheim (Strohwitwer). Seine Frau Maria (1874-1945) ist auf Verwandtenbesuch in Berghausen.

Die erwachsenen Kinder: Aloys, der älteste Sohn, ist im 1.Weltkrieg 1914 gefallen. Grete ist verheiratet mit Paul Rameil/Schmitten. Josefa ist Lehrerin am Mädchenlyceum in Oppeln, Oberschlesien. Walter ist beruflich in Lemgo. Helene und Carola sind als Kinder verstorben. Nur Hermann und Maria sind daheim und sollen den Vater versorgen.

Hier sein Brief und eine Ablichtung des originalen Ausschnittes:

Saalhausen, 25.Januar 1928 My dear daughter! (Meine liebe Tochter) (Den ersten persönlichen Teil schreibt er in Englisch. Weiter fährt er in deutscher Sprache fort:) Tanzkönig wurde der Sohn vom Schuhmacher Josef Rameil, Tanzkönigin die Tochter Elisabeth von Adam Heimes. Der Schlussball ist, wie mir Maria erzählte, großartig verlaufen.

Die Verlosung des Schützenvereins ist ebenfalls gut beendet, nur waren die Herren des Komitees nachher drei Tage „vull"! Bei dem Vorsitzenden des Schützenvereins Franz Pieper war leider infolge der Aufregungen der Rede-Tatterich ausgebrochen, so dass niemand zu Worte kommen konnte. Die Mehrzahl der Zuhörer floh vor Entsetzen zum Bahnhof. Wie ich gehört habe, hat eine kalte „douche"*) von Seiten seiner Frau ihn wieder zur Besinnung gebracht. Die Verlosung selbst ist gut verlaufen. *) franz. Dusche Die beiden anderen werden sicher auch bekannt werden. Der erste wäre nachmittags schon bei Schmitten auf dem Saale, wo die Verlosung stattfand, gewesen und hätte ausgekundschaftet, ob da welche von Zimmermanns gewesen wären. Nun hatten Zimmermanns, wenn der Sohn Franz noch nicht zu Hause war, die Tür unverschlossen, so dass die Diebe leichte Arbeit hatten, da bekanntlich Franz Zimmermann "den letzten Mann sehen" muss, ehe er nach Hause geht. Er war nämlich in der Nacht bei Schmitten gewesen.

Auf dem Verlosungstage waren Müllers Otto, Piepenstork (?) nach Winterberg zum Skiern. Es kamen Extrazüge von Düsseldorf, Dortmund und Köln - D-Zug mit angehängten Wagen, die in Bestwig blieben. Anfangs wäre die Skibahn verharscht gewesen, weil tags zuvor Tauwetter eingetreten und der Schnee nachts gefroren war. Nachher wäre aber die Skibahn vortrefflich gewesen. Großartiger Betrieb wäre dort oben gewesen. Man hätte von Glück sagen können, wenn man einen Platz in den Lokalen bekommen hätte. Die Saalhausener fuhren mit dem Autobus von Winterberg gegen Abend bis Schmallenberg, wo sie den Autobus nach Altenhundem nahmen und kamen gegen neun Uhr hier an. Die Touristen von weit her hätten erzählt, auf der Fahrt nach Winterberg hätten sie keine Spur von Schnee gesehen, bis sie in die Nähe von Winterberg gekommen wären, da wären sie doch froh gewesen.

Hier in Saalhausen lag kein Schnee, nur auf den Bergen konnte man Schnee sehen. In Winterberg wäre der Schnee aber ca. 30 cm tief gewesen. Heute haben wir ziemlich starken Westwind. Der Schnee ist verschwunden, auf der Chaussee Dreck und Wassertümpel. Während der Abwesenheit von Mutter hat Maria zu kochen, abends Hermann. Gestern Abend lud Hermann, da Maria zum Üben für das Theater auswärts war, Paul und Trillings Josef zum Abendessen ein. Ich sage Dir, die gebratenen Kartoffeln waren so fett, dass Paul sagte, solche möchte er des Morgens gern haben, aber er kriege solche nicht. Dazu hatte Hermann Blutwurst pikfein gebraten, und nachher gab's Butterbrot mit Blutwurst als Aufstrich. Inzwischen waren Piepenstork ? und Franz Eduard gekommen, die hielten bis halb ein Uhr Hermann fest. Sie wären noch länger geblieben, erzählte heute Morgen Piepenstork (Hermann schlief natürlich noch), wenn sie nicht so müde gewesen wären. Freitag ist Seelenamt für Aloys. Gedenke auch Du seiner! Nun Gott befohlen, auf Wiedersehen! Dein Vater.

PS: Maria ist heute Abend wieder zum Üben. Morgen Abend ist Generalprobe, Sonntag und den folgenden Sonntag Vorstellung. An einem der ersten Sonntage der ? ist Grimmabend im S.G. V. Auch die Mitglieder üben jetzt alle paar Tage.



Ausschnitt des Briefes von Josef Schulte-Schmies (1860-1943) an seine Tochter Josefa (1904-1956)


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