Zum Artikel Saalhauser Bote Nr. 33, 2/2013
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Der Sauerländer
Der Sauerländer ist ungemein groß und wohlgebaut,
vielleicht der größte Menschenschlag in Deutschland,
aber von wenig
geschmeidigen Formen; kolossale Körperkraft ist bei ihm gewöhnlicher als
Behändigkeit anzutreffen.
Seine Züge, obwohl etwas breit und
verflacht, sind sehr angenehm, und
bei vorherrschend lichtbraunem
oder blondem Haar, haben doch seine langbewimperten blauen Augen
alle den Glanz und den dunklen
Blick der schwarzen.
Seine Physiognomie ist kühn und
offen, sein Anstand ungezwungen,
so dass man geneigt ist, ihn für ein
argloseres Naturkind zu halten als
irgendeinen seiner Mitwestfalen;
dennoch ist nicht leicht ein Sauerländer ohne einen starken Zusatz von
Schlauheit, Verschlossenheit und
praktischer Verstandesschärfe, und
selbst der sonst Beschränkteste unter
ihnen wird gegen den gescheitesten
Münsterländer fast immer praktisch
im Vorteil stehen.
Er ist sehr entschlossen, stößt sich
dann nicht an Kleinigkeiten und
scheint eher zum Handeln und guten
Fortkommen geboren als dadurch
und dazu herangebildet.
Seine Neigungen sind heftig, aber
wechselnd, und so wenig er sie jemands Wunsch zuliebe aufgibt, so
leicht entschließt er sich aus eigener
Einsicht oder Grille hierzu.
Übrigens besitzt der Sauerländer
manche anziehende Seite; er ist mutig, besonnen, von scharfem aber
kühlen Verstande, obwohl
im allgemeinen berechnend,
doch aus Ehrgefühl bedeutender Aufopferungen fähig;
und selbst der Geringste besitzt einen Anflug ritterlicher
Galanterie und einen naiven
Humor, der seine Unterhaltung äußerst angenehm für
denjenigen macht, dessen
Ohren nicht allzu zart sind.
So sah Annette von Droste
Hülshoff zu Anfang des 19.
Jahrhunderts den Sauerländer. Ob das so stimmt oder
überhaupt jemals gestimmt
hat?
Anmerkung der Redaktion:
Diesen Text entnahmen wir
dem Kalender
”Schönes Sauerland 2007”
(Graphischer Betrieb Gieseking GMBH & CO. KG
Verlagsabteilung 33617 Bielefeld.
ISBN 3-928232-09-6).
Er erscheint jährlich.
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