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Saalhauser Bote Nr. 35, 2/2014
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Briefe nach Saalhausen, Sauerland, Westfalen, Britische Zone

- von Maria Blöink -


Als Franz Blöink 1947 nach sieben Jahren endlich nach Hause kam, ist er groß empfangen worden. Es wurde ein Fest gegeben und die Nachbarn haben einen Kranz gewickelt. Die Freude muss groß gewesen sein, auch wenn sie sicherlich nicht ungetrübt war: Das Haus lag in Trümmern, ein Bruder galt als vermisst, einer war gefallen.

Franz Blöink (Muses), geb. 18.08.1923, war noch bis zum 30. März 1940 in der Ausbildung, bevor er zur Wehrmacht kam. Er wurde verschiedenen Truppenteilen im Afrika-Corps unter der Führung des umstrittenen Feldmarschalls Rommel zugeteilt. (Auch bekam er jeweils fünf Tage Fronturlaub.) Da dem Afrika-Corps unter anderem die Ressourcen fehlten, um gegen die Briten standzuhalten, ergaben sich die letzten Einheiten am 13. Mai 1943. Franz Blöink wurde bereits zwei Tage zuvor am 10. Mai 1943 in Algerien gefangen genommen wie 130.000 andere deutsche Soldaten. Dennoch kann man von Glück sprechen, dass er als sogenannter „Prisoner of War” - oder kurz PoW- den Briten in die Hände fiel, schließlich hielten sie sich, anders als die Sowjetunion, an die Genfer Konventionen. So hatte er auch mehr Glück als seine beiden Brüder, die ebenfalls eingezogen wurden. Sie wurden an der Ostfront eingesetzt: Josef fiel am 15.März 1945 (s. auch Seite 17 dieser Ausgabe), während Alex seit April 1943 als vermisst galt. Franz´ jüngeren Geschwistern, Paul und Zita, sowie seinen Eltern lag jedoch keinerlei Nachricht vor, dass er unverletzt und in britischer Gefangenschaft war. Auch eine Anfrage an das Deutsche Rote Kreuz vom 29. Juli 1943 brachte keine Ergebnisse.

Erst am 9. November desselben Jahres erfuhren die Angehörigen durch das DRK vom Verbleib von Franz Blöink. Am gleichen Tag füllte er in Oklahoma die „Gefangenenmeldung für Kriegsgefangene” aus, welche der Familie seine aktuelle Adresse und seinen Gesundheitszustand mitteilte. Er war mittlerweile vom Durchgangslager in Algerien in die USA verschifft worden.

Registrierungskarte als Kriegsgefangener
Registrierungskarte als Kriegsgefangener
Gefangenenmeldung
Gefangenenmeldung

Noch nach seiner Entlassung stand er mit anderen ehemaligen Kriegsgefangenen in Kontakt. In einem Brief vom 30. Dezember 1949 beschreibt ein Freund rückblickend das Leben im Lager folgendermaßen: „ Damals, als wir noch in Mc Alester, entschuldige, ich wollte sagen Fort Sill, da haben wir noch sorgenfrei gelebt und hatten alles, was das Herz begehrt. Weißt du noch, die Silvesterfeiern, da war noch Misike hinter, aber heute ist man wieder so abgestumpft, dass einem alles egal ist.” Mit diesem Freund aus Berlin teilte Franz sich nicht nur ein Zelt, sondern auch „Freud und Leid”.

Es lässt sich nicht genau feststellen, zu welchem Zeitpunkt Franz nach Großbritannien verschifft wurde, sein Impfpass vom Camp Mc Alester, Oklahoma, reicht bis zum 30. August 1945. Generell schien die medizinische Versorgung recht gut gewesen zu sein, so finden sich neben dem Impfpass Formulare über Eingangsuntersuchungen oder weitere, beispielsweise zahnärztliche Untersuchungen.

Am 3. Juni 1946 ist Franz schließlich in das Le Marchant Camp 410 in Devizes verlegt worden, wo er bis zur Auflösung des Camps, Ende des Jahres 1946, blieb. In einem Brief vom 8. September 1946 heißt es: "Gesundheitlich geht es mir gut, was ich von euch auch erhoffe."

Nach der Auflösung des Camps in Devizes wurde er abermals verlegt. Dies beschreibt er in einem Brief kurz nach Weihnachten 1946: „Ein großer Teil ist versetzt worden, ich bin in ein Nebenlager gekommen, eine ganz verlassene Gegend. Ich war eingeladen, konnte aber nicht kommen. Soeben ist ein Deutscher Film eingetroffen. (…) Wir wollen hoffen, dass es mit mir nicht mehr solange dauert, dann werden wir das schon schaffen zu Haus.”

Wie im letzten Abschnitt deutlich, war die Sehnsucht nach der Heimat groß. Auch musste sich Franz sicher Sorgen um die Lage daheim gemacht haben: In einem Gesuch vom Dezember 1946 um „bevorzugte Entlassung seines Sohnes Franz aus englischer Gefangenschaft” beschreibt sein Vater Josef die wirtschaftliche Lage der Familie: "Durch Kriegseinwirkung verlor ich mein Wohnhaus. Der Neubau steht noch fast ganz im Rohbau, nur zwei Räume habe ich mir notdürftig eingerichtet. Zwei Söhne sind bis heute noch vermisst. Franz ist mein ältester Sohn und könnte mir allein in meiner schwierigen Lage beistehen. Er war kein Pg. sondern nur nominelles Mitglied der H.J."

Dieses Familienfoto ist aus dem brennenden Haus gerettet worden und hat dabei am unteren linken Rand Brandspuren abbekommen
Dieses Familienfoto ist aus dem brennenden Haus gerettet worden und hat dabei am unteren linken Rand Brandspuren abbekommen

Es war nicht der erste Antrag auf Entlassung. Bereits am 3. Februar 1944 erschien Franz vor dem medizinischen Ausschuss im Camp in Oklahoma in der Hoffnung, freigelassen zu werden. Leider waren diese Bemühungen lange vergeblich. Als er schließlich im Mai 1947 entlassen wurde, kam er nicht mit leeren Händen nach Hause. Schließlich durfte er im Lager gekaufte Sachen mit nach Deutschland nehmen.

So wird in einer Bescheinigung neben 400 Zigaretten, drei Sporthosen oder sechs Pfund Kaffee auch ein Schachspiel aufgelistet. Im Schach war er übrigens im Lager recht erfolgreich, so erreichte er im Schachturnier der Kriegsgefangenen den zweiten Platz.

Ein Mitgefangener beschreibt das Leben im Lager im Juni 1947, kurz vor der Auflösung, folgendermaßen: "Außer Lagerarbeiten gibt es für uns nicht viel zu tun. Ich gehe viel spazieren. (.) Der Wettergott meint es gut mit uns, wir haben schon seit Tagen das schönste Wetter, was, wie du selber weißt, in England sehr selten ist."

Dennoch darf man nicht vergessen, dass das Heimweh und die Sorge um die Lage zu Hause sicherlich groß gewesen sein muss. Man kann es meiner Meinung nach einfach nicht besser ausdrücken, als es ein Kriegsgefangener 1947 in einem Brief bereits getan hat: „Als freier Mensch sieht doch die Welt etwas besser aus als hinter Draht.”

Um auch den zeitgeschichtlichen Hintergrund in Saalhausen ergründen zu können, interviewte ich unseren Nachbarn Antonius Heimes (Gregors).


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