Genealogie und Familienforschung, umgangssprachlich auch „Ahnenforschung“ genannt, ist ein Thema, welches sich mit den menschlichen Verwandtschaftsverbindungen über große Zeiträume hinweg beschäftigt. Diese, als Hilfswissenschaft bezeichnete Forschung, erfährt heute weltweit, vor allem im westlichen Europa und den USA, immer größere Beliebtheit und wird vorwiegend von Privatpersonen in verschiedensten Ausprägungen betrieben. Grundsätzlich gilt es, zwei ergebnisorientierte Vorgehensweisen zu unterscheiden. Als Ergebnisse unterscheiden sich: I. Der Stammbaum und II. die Ahnentafel voneinander.
Selbstverständlich gibt es auch Kombinationen beider Formen, da eine forschende Person ihre Forschungsschwerpunkte zumeist selbst und nach eigenem Ermessen auswählt. Zusätzlich können auch Ortschroniken oder Vereins- und Firmenchroniken von solchen Forschungen profitieren, ohne dass verwandtschaftliche Verhältnisse hierbei eine Rolle spielen müssen, jedoch bei genealogischen Ergebnissen wie Stammbäumen und Ahnentafeln grundsätzlich sind.
I. Bei einem Stammbaum geht man von einem Ahnenpaar aus, welches in der Vergangenheit gelebt hat, um darunter weitere Namen der Kinder und Kindes-Kinder bis zur gegenwärtigen Generation folgen zu lassen. Da der klassische Stammbaum über denselben Familiennamen verläuft und dieser meist über die Söhne weitergegeben wurde, ist eine solche Ausarbeitung zum Nachteil aller Töchter und ihrer Nachkommen ausgelegt, da diese nicht mehr aufgeführt werden. Natürlich lassen sich auch andere Variationen von Stammbäumen, z.B. als Sippentafel, über männliche und weibliche Linien in Kombination anlegen. Dieses wird jedoch von dem, in jeder meist weiblichen Generation, wechselnden Familiennamen erschwert.
So konzentrierte man sich bei einem Stammbaum traditionell auf den gemeinsamen Familiennamen.
Bei einem genetischen Familiennamen-Projekt, welches in den Niederlanden durchgeführt wurde, in dem man das „y-Chromosom“ bei Männern desselben Familiennamens verglich um eventuelle Abweichungen festzustellen, ergaben sich Abweichungen von rund zwei Prozent pro Generation, weshalb man dabei von so genannten „Kuckucks-Kindern“ ausging.
Einen weiteren Beitrag zu diesem Thema fand ich in der Ausgabe: Computergenealogie Magazin für Familienforschung 31. Jahrgang Nr.2/2006, auf Seite 5, ein Artikel unter der Überschrift: „Kuckuckskinder sind selten“, in dem es unter anderem heißt; „Manche Untersuchungen reichen bis zu 500 Jahre zurück. Dabei stellte sich heraus, dass die historische Kuckuckskind-Rate in westlichen Gesellschaften um ein Prozent pendelt und teilweise sogar deutlich niedriger lag“, Nachzulesen unter http://www.computergenealogie.de/downloads. Allerdings ergeben sich auch andere Irritationen, die bei oben genannten genetischen Untersuchungen irrtümlich „Kuckuckskinder“ vermuten lassen.
Im Sauerland war es in früherer Zeit keine Seltenheit, dass ein Bauernhof oder ein geerbtes Gut an die Tochter vererbt wurde, wobei der Hofname, ähnlich unserer heutigen Straßennamen, weiter bestehen blieb. Da nun ein in den Bauernhof der Erbin einheiratender Ackerbauer seinerseits einen anderen Familien bzw. Hofnamen trug, wären „y-Chromosom“-Vergleiche bei genannten Untersuchungen „für die Katz“. Erst später verfestigte sich der einstige Hofname als Familienname, um sich so durch seine Namensträger auszubreiten. Und diese sind letztlich auch der klassische Leitfaden in den Familienstammbäumen. Um jedoch alle Verwandtschaftsverhältnisse untersuchen zu können, reichen Stammbäume, für sich alleine betrachtet, bei weitem nicht aus. Eine aussagekräftige Methode, zur Erforschung von Verwandtschaftsverhältnissen einer Heute lebenden Person ist:
II. Die Ahnentafel (Siehe Abbildung) Diese, früher als Aufschwörung um Bestätigung des Standes bei Adeligen bekannte Methode, gilt als die Königsdisziplin in der Genealogie. Sie wird nicht allein beim Menschen als Hobby betrieben, sondern unter anderem auch in der Vieh-, Pferde- und Hundezucht angewandt.
Ausgehend von dem Individuum, welches beim Menschen als Proband/in bezeichnet wird und die Forschung meistens auch betreibt, geht es Generation für Generation zurück, über dessen Eltern, ihre vier Eltern, also den Großeltern, sowie deren acht Eltern, also den Ur-Großeltern und immer so weiter.
Dadurch werden systematisch alle weiblichen Linien als Grundlage zur Aufdeckung für jedes mögliche Verwandtschaftsverhältnis aufgegriffen.
Anders als bei einem Stammbaum, in dem die Anzahl der Kinder einer jeden Generation ungleichmäßig ist, verdoppelt sich die Anzahl aller Ahnen pro Generation mit Faktor zwei gleichmäßig. Schritt für Schritt arbeitet man sich nun Generationenweise in Richtung Vergangenheit zurück.
Hauptbestand der Quellenforschung sind dabei die Kirchenbücher, welche im katholischen, Kurfürstlich Kölnischen Westfalen, dem größten Teil des Sauerlandes, seit Anfang des siebzehnten Jahrhunderts geführt werden. Saalhausen, das zur Pfarrei Lenne gehört hatte, beginnt im Jahr 1667 mit den Aufzeichnungen. Daneben tragen noch etliche andere Quellen, wie Gerichtsprozesse, Protokollbücher, Chroniken zu Forschung und Lösung weiterer Rätsel bei.
Hierbei macht das Bilden von möglichst weit in die Vergangenheit zurückreichenden, einzelnen, Ahnenketten weniger Sinn als vielmehr die gesamte Ahnenreihe mit möglichst vielen Fakten, wie Berufe, Schicksale, Orte, zu vervollständigen. Die Ergebnisse werden sodann von mir in Dateien und Ordnern abgespeichert. Das Aufdecken von immer älteren Generationen ist für mich stets eine Leidenschaft. So, als ob ich jedes Mal eine weitere „Tür“ zur Vervollständigung „aufstoße“, um ein umfangreicheres Gesamtbild zu gewinnen. Die hier abgebildete Ahnentafel habe ich über ein und ein halb Jahre so nach und nach ausgefüllt und dient dabei als Art Arbeitskompass oder Legeplan zu Orientierung für eventuelle weitere Forschungen. Die Fächerform gefällt mir zu diesem Zweck am besten und eignet sich als gute Übersicht, was jedoch im eigenen Ermessen liegt.
Natürlich betreibe ich die Forschung nicht ständig. Vielmehr kommt es, nach zum Teil monatelangen Pausen, hin und wieder zu neuen Interessensschüben, die durch ein stetiges und steigendes Hintergrundwissen ausgelöst werden. Sei es durch einen bestimmten Familiennamen an einem Holzstapel im Wald, der Name eines bestimmten Dorfes, durch welches ich mit dem Auto unterwegs bin etc. Stets sah ich einen natürlichen Bezug zur Gegenwart, lernte so manchen Winkel im Sauerland und zum Teil auch im Niederrheinisch/Niederländischen Grenzgebiet kennen, sowie sehr nette Menschen mit denselben Interessen, auf dieser nun gut zwanzig Jahre andauernden abenteuerlichen Reise. Dabei kommt es manchmal auch zum Daten und Informationsaustausch, wenn schon mal entfernte Ahnen zwischen Forschern identisch sind und man sozusagen entfernt „verwandt“ ist, ein natürliches Phänomen von Vorfahrengemeinschaft in schriftlich belegten Zeiträumen, welches nichts Ungewöhnliches ist. Das Phänomen der Vorfahrengemeinschaft zwischen X beliebigen Zeitgenossen im Bezug auf deren Ahnen, gilt für diese Ahnen selbst noch viel stärker und kommt als Ahnen-Implex oder Ahnenschwund bekanntes Phänomen in jeder Ahnentafel vor, welches auf entfernte Verwandtschaftsverbindungen aller Ahnen untereinander zurückzuführen ist. Dadurch tauchen die Angehörigen ferner zurückliegender Ahnenreihen zum Teil mehrmals auf.
Die Ahnentafel ist im Prinzip ein Binärbaum (auch beim Fußball als Auswahl vor einem Finale bekannt.) und hat eine gegenläufige Natur. Eine regional begrenzte Anzahl Menschen verteilt sich auf ein Vielfaches an angenommen möglichen Ahnenlinien, was irgendwann ganz selbstverständlich zum „Ahnen-Implex“ oder „Ahnenschwund“, dem Phänomen von wiederholt erscheinenden Ahnen führen muss.
So steigt auch dieser Ahnenschwund mit jeder älteren Generation an. Ich erlebte bei meiner Recherche mit jedem „Tür aufstoßen“, auf Ahnen aus bereits vorhandenen Datensätzen zu treffen. Damit wächst der „Ahnen-Implex“ selbst in den Forschungslücken mit. Dabei fällt mir auf, dass die meisten voneinander unterschiedlichen Ahnen um das Jahr 1700 lebten. Je nach Umfang der Recherchen kippt irgendwann das Verhältnis zwischen einmal und öfter auftauchenden Ahnen und ich könnte meine Datensätze nach Belieben auswerten, vorausgesetzt, die Forschungslücken sind noch nicht all zu groß und können mit Hilfe von Kirchenbüchern und anderen Dokumenten überwunden werden.
Fortsetzung folgt