für das Schaffen und Leben Kochs einschätzt, beweist
wohl die Tatsache, dass er die Konterfeis der beiden
Protagonisten gemeinsam auf dem Titelbild der fantas-
tisch recherchierten Biografie verewigt hat.
Schier unglaublich ist der Rechercheaufwand von Pro-
fessor Grüntzig, um sein Mammutwerk zu schaffen. So
zeichnet er fast minutiös das Leben von Robert und
Hedwig Koch nach. Nach seinem medizinischen Tri-
umph starb der Nobelpreisträger, der mit seiner Frau in
Berlin lebte, im Jahre 1910.
Über diese Werte stritt man sich im Rahmen des Nach-
lasses heftig mit der Familie der ersten Ehefrau Kochs.
Saalhausens langjähriger Verkehrsvereinsvorsitzender
Benno Rameil war über viele Jahre hinweg der wohl en-
gagierteste und fundierteste Informant für die Recher-
chen von Professor Grüntzig. Dieser hielt noch in den
vergangenen Jahren einen telefonischen Kontakt zu
Rameils Witwe Helga aufrecht.
Nachlass im Archiv der Stadt Lennestadt
Umzug ins Sauerland
Im vierten Stock des Wohnhauses in der Hauptstadt
hatte Hedwig in einem Zimmer ein kleines Koch-Mu-
seum eingerichtet. Beim Sturm der Russen auf Berlin
wurde das Gebäude durch mehrere Bombentreffer An-
fang 1943 schwer beschädigt.
Eine Freundin der schon damals schwer erkrankten
Hedwig aus Baden-Baden hatte gute Kontakte zu Be-
kannten in Altenhundem. Nach einem „Hilferuf“ der Ber-
linerin vermittelte sie deren Aufenthalt im geschützteren
Sauerland und zwar im Gasthof „Zum Rüsperwald“ in
Marmecke, dort lebte Hedwig Koch einige Wochen, be-
vor sie in ein Zimmer des Gasthofs Föhres (Kleimann)
in Gleierbrück (später Hotel Gleiertal) umzog.
Die Wirtsleute beschrieben ihren neuen Dauergast als
ein wenig schwierig, wenn nicht gar exzentrisch. So be-
stand Hedwig Koch auf der Anrede „Exzellenz“. Wenn
ihr etwas nicht passte, soll es durchaus vorgekommen
sein, dass das in ihrem Zimmer im ersten Stock ser-
vierte Essen samt Porzellan auf dem Rasen hinter dem
Gasthaus landete, wenn es ihr nicht schmeckte.
Inzwischen ist im Archiv der Stadt Lennestadt in Elspe
eine Akte aufgetaucht mit konkreten Fakten über das
Sterben und den Nachlass der Hedwig Koch.
Nach einer Liegezeit von 40 Jahren wollte die Jodo-
kus-Pfarrgemeinde das Gräberfeld einebnen und nahm
Kontakt zur Lennestädter Stadtverwaltung auf. Der da-
malige Stadtdirektor Erwin Krollmann schrieb dem Ro-
bert-Koch-Institut um zu erfahren, ob Interesse an der
Schaffung eines Ehrengrabes bestehe. Das RKI scheu-
te offensichtlich eine finanzielle Kostenbeteiligung und
lehnte dankend ab. So ist die Erinnerung an die zum
Buddhismus konvertierte Hedwig Koch selbst im Luft-
kurort Saalhausen weitestgehend verblasst. In jüngster
Zeit wurden Gedanken laut, ob man innerhalb des Kur-
parks vielleicht einen kleinen Gedenkstein installieren
könnte.
Als die Amerikaner in Saalhausen einmarschierten und
etliche Häuser in Brand schossen, wollte Hedwig Koch
ihren Beobachtungsposten im ersten Stock keinesfalls
aufgeben. Allerdings nur so lange, bis eine Granate
einen Apfelbaum nur wenige Meter vor Kochs Zimmer-
fenster zerfetzte.
Als sich ihr Gesundheitszustand rapide verschlechter-
te, wurde sie ins damalige Krankenhaus in Elspe ein-
geliefert. Dort verstarb sie wenig später im Alter von 73
Jahren und wurde auf dem Friedhof in Saalhausen be-
stattet.
In ihrer Handtasche und Gepäck wurde Schmuck und
Bargeld in Höhe von rund 30.000 Reichsmark gefunden.
Nach ihrer Beerdigung 1947 erinnerte nur ein
schlichtes Holzkreuz an die damalige Neubürgerin
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