heute wohnhaft in Speyer, berichtet von Dorffesten im
Saalhausen seiner Jugend, bei denen an der Theke
auch Wein angeboten wurde. Auf Rückfrage, um wel-
chen Wein es sich denn handele, Weiss- oder Rot-
wein? trocken oder süß? verblüffte ihn die Antwort des
Verkaufspersonals: halt „Wein“! Schließlich gibt es ja auf
solchen Festen auch nur eine Sorte Bier. Die Idee einer
Weinterrasse in einem von Bier dominierten Sauerland
– und dann so kurz nach dem Kriegsende – erscheint
aus heutiger Sicht schon ziemlich waghalsig.
„Erhebliche Gesundheitsgefährdung“
nuss“ von Wein auf einer Terrasse erheblich gestört
wird, wenn einem Gast aus den Abwassergruben der
Geruch der Kloake in die Nase steigt. Der Pächter Herr
Reiss zog die Reißleine und kündigte den Pachtvertrag.
Am Ende Zwangsversteigerung
Die finanzielle Lage spitzte sich für den Hauseigentü-
mer Ziemer offenbar zu: Bereits am 11.12.1956 wurde
ein Termin für die Zwangsversteigerung des kompletten
Gebäudes für den 22.5.1957 angesetzt. Neuer Eigen-
tümer der Immobilie wurde die Familie Schöttler.
Doch ein Hauptgrund für das Scheitern der Weinter-
rasse scheint tatsächlich im Problem der Abwasser-
gruben zu liegen. Per Dokument vom 7.5.1956 wurde
bei der Gemeinde Kirchhundem Herr Reiss vorstellig
und bat nach mehreren dokumentierten Beschwerden
„nochmals dringend darum, Ziemer zur Beseitigung der
Übelstände (Abflussleitung) aufzufordern. Bis jetzt sei
an den Anlagen nichts verbessert worden. Es soll eine
erhebliche Gesundheitsgefährdung bestehen“. Heutige
Weinliebhaber können nachvollziehen, warum der „Ge-
Bleibt zu erwähnen, dass natürlich im weiteren Ausbau
der Straße „Teckholz“ auch der Anschluss an die öffent-
liche Kanalisation erfolgte.
Dem damaligen Pächter Reiss hat das nicht mehr ge-
nutzt. Jahrzehntelang hat die Familie Karl Reiss in Kin-
heim an der Mosel das Weingut betrieben und auch
Weinliebhabern im Sauerland Wein nach Hause gelie-
fert. Inzwischen haben die Reiss‘ aus Altersgründen das
Weingut verkauft.
Postkarte der Weinterrasse Ziemer
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