Saalhauser Bote Nr. 15, 2/2004


Zurück Inhalt Vor

Ein Blick in die Geschichte der Eisenbahnstrecke von Altenhundem nach Wenholthausen unter besonderer Berücksichtigung des Ortes Saalhausen

- von Klaus Meschede -


Die Ruhr-Sieg-Strecke der „Bergisch-Märkischen-Eisenbahn“ von Altena nach Siegen wurde als erste Eisenbahnstrecke im heimischen Raum am 6. August 1861 eröffnet. Für die anliegenden Gemeinden insbesondere im Raum Siegen (Erzbergbau, Stahl- und Hüttenindustrie) erfüllten sich durch diese Verbindung zum rheinisch-westfälischen Industriegebiet jahrelang gehegte Wünsche, denn der weitere wirtschaftliche Aufschwung ließ jetzt aufgrund der nun vorhandenen kostengünstigen Transportmöglichkeiten nicht lange auf sich warten. Auch der Personentransport nahm in einen erheblichen Umfang zu. Die von Altenhundem ausgehenden Täler der Hundem und Lenne verharrten dagegen im wirtschaftlichen und transportmäßigen Abseits. Pferdefuhrwerke und Postkutschen blieben die schnellsten Transportmöglichkeiten auch im oberen Lennetal und damit ebenfalls in Saalhausen und Umgebung.




Personenbeförderung im Jahre 1880 (Postkutsche)

Die Eröffnung der Ruhr-Sieg-Strecke ließ daher neue Baupläne auch für die Seitentäler zu dieser Bahnstrecke entstehen. Gefördert wurden diese Ideen noch durch die Betriebsaufnahme auf der Oberen Ruhrtalbahn von Schwerte nach Scherfede über Meschede/Bestwig in den Jahren 1870 bis 1873 mit dem gleichzeitig aufkommenden Wunsch, diese beiden Strecken mit Nebenlinien zu verbinden. Die Verkehrsbedürfnisse der Bevölkerung wurden allerdings 1880 nur durch die Kurse der Postkutsche nach Schmallenberg (2 Kurse) und Fredeburg (1 Kurs) abgedeckt (siehe Abbildung 1).


Saalhausen hatte zum damaligen Zeitpunkt 872 Einwohner, die in statistisch erfassten 125 Häusern lebten.


Werk, Besitzer

Betriebsvorrichtung

Jahresproduktion

Geldwert in Mark

Arbeiter (männlich / weiblich)

Grube Abcoude

Bleigrube

200.000 kg Bleierz

36.000

20 / -

Holzschneidemühle,

F.J. Müller

Sägemühle

20.000 geschnittene Hölzer und Bretter

15.000

5 / -

Strumpfstrickerei,

A. Hermes

Handbetrieb auf

Strickmaschinen

10.000 Strümpfe

50.000

45 / -

Gerberei,

Albert Gerlach

Lohngerberei

20.000 kg Leder

60.000

4 / -

Fruchtmahlmühle,

F.A. Stracke

Fruchtmahlmühle

150.000 kg Frucht

33.000

2 / -

Eisenhammer

Störmecke, H. Meinhard

Stabeisenhammer

120.000 kg Stabeisen

24.000

4 / -

Schmallenberg mit seinen textilverarbeitenden Fabriken war zu diesem Zeitpunkt das „industrielle Zentrum“ des oberen Lennetales, soweit man bei den doch relativ kleinen Produktionszahlen hiervon sprechen kann. Eine Übersicht zur gewerbsmäßigen Fabrikation in Saalhausen (einschließlich Störmecke) im Jahre 1883 gibt diese Tabelle. (Quelle: Stadtarchiv Schmallenberg D 1535).


Mehrere Komitees zur Unterstützung der Eisenbahnbaupläne wurden gegründet und lösten sich nach kurzer Zeit wieder auf. Utopische Vorstellungen von deutschlandquerenden Ost-West-Strecken waren damals wirtschaftlich absolut unrealistisch. Nach heftigen Diskussionen vor Ort und im preußischen Abgeordnetenhaus wurde die Eisenbahnstrecke von Altenhundem nach Schmallenberg schließlich am 9. Februar 1883 genehmigt; das entsprechende Gesetz hierzu datiert vom 21. Mai 1883. Vorgesehen war der Weiterbau nach Fredeburg und von dort über Ramsbeck nach Bestwig. Es sollte aber anders kommen.


Zunächst waren allerdings nur die Vermessungsarbeiten budgetiert. Erst Anfang 1885 begannen die Bauarbeiten. Fast auf der gesamten Strecke folgte die Bahnlinie aus Kostengründen der Provinzialstraße. Nur in Saalhausen und von Fleckenberg nach Schmallenberg wurde ein unabhängiger Bahnkörper gewählt. Diese Seitenlage zur Straße sollte der Strecke dann in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts den Todesstoß geben, denn die Begehrlichkeiten zur Straßenverbreiterung waren schon früh vorhanden und was bot sich besseres an, als die angeblich unrentable Eisenbahn stillzulegen. In Saalhausen wurde der Bahnhof oberhalb und damit abseits des Ortes in Richtung Schmallenberg angelegt. Die ursprüngliche Planung eines Haltepunktes in ortsnaher Lage hinter „Trillings Hof“ am heutigen Weg zum Friedhof wurde aus kommunalpolitischen Gründen anscheinend nicht weiter verfolgt. Gegenteilige Aussagen in der Saalhauser Ortschronik von 1981 stimmen wahrscheinlich nicht mit der Realität überein. Oder hat einer der Leser hierzu andere und weitergehende Informationen ?

Der Güterverkehr wurde zwischen Altenhundem und Langenei am 3. Mai 1886 eröffnet, Saalhausen konnte ab dem 1. November 1886 in den Güterversand einbezogen werden. Am 1. Mai 1887 fuhr dann endlich der Eröffnungszug des Personenverkehrs von Altenhundem nach Schmallenberg. Der erste Fahrplan sah täglich drei Züge in beide Richtungen vor. Die Fahrzeit für die 18 km lange Strecke betrug einschließlich der Haltezeiten 1 Stunde und 19 Minuten.

Gleichzeitig wurde bereits an der Fortsetzung von Schmallenberg nach Fredeburg gearbeitet. Hierzu erging in 1885 der Beschluss des preußischen Abgeordnetenhauses. Neben allgemeinen strukturpolitischen Gründen spielte hier auch der dortige Schieferbergbau aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus eine entscheidende Rolle. Die Eröffnung fand am 15. November 1889 statt. Der damalige Fredeburger Bahnhof befand sich wegen des geplanten Weiterbaues nach Ramsbeck und Bestwig im heutigen Ortszentrum (Straßenname: „Alter Bahnhof“). Angeschlossen war dem Bahnhof ein Betriebswerk für die Instandhaltung und nächtliche Abstellung der eingesetzten Dampflokomotiven.




Fahrplanperiode Sommer 1939, Sammlung Klaus Meschede


Die neu eröffnete Bahn wurde von der heimischen Bevölkerung gut angenommen. Ab 1891 legte die Verwaltung deshalb auch ein viertes Zugpaar ein. Auch der Güterverkehr entwickelte sich äußerst positiv. Bereits 1897 erweiterte man den Fahrplan auf 5 tägliche Zugpaare. Am 1. Juni 1913 wurde schließlich der Haltepunkt Gleierbrück eröffnet, der sich direkt gegenüber der ehemaligen Gastwirtschaft Föhres befand. Auch der Güterzug legte dort einen Halt ein, um die Produkte der örtlichen holzverarbeitenden Industrie zu verladen (Bürstenhölzer).


Am nördlichen Endpunkt in Fredeburg sowie in den angrenzenden Ortschaften und Gemeinden begann alsbald nach der Eröffnung die Diskussion um Weiterführung der Strecke. Wie schon erwähnt war ursprünglich geplant, die Fortsetzung in Richtung „Obere Ruhrtalbahn“ über Ramsbeck nach Bestwig zu suchen. Doch viele Denkschriften, Gutachten und Untersuchungen wurden eingereicht, um diese ursprünglichen Entwürfe aufzuweichen. Auch tauchte nun das neue Projekt einer Bahn von Finnentrop zur „Oberen Ruhrtalbahn“ in der Diskussion auf. Im Endergebnis wurden beide zu bauenden Linien in der Streckenführung miteinander verknüpft: Finnentrop – Eslohe – Wenholthausen – Wennemen – Meschede und Fredeburg – Wenholthausen. Letztere Verbindung war leider mit dem „alten“ Bahnhof in Fredeburg nicht zu realisieren. So wurden dann die neuen Gleise schon zwischen Gleidorf und Fredeburg aus der alten Strecke ausgefädelt und über einen in der Lage veränderten Bahnhof Fredeburg weitergeführt. Die Eröffnung fand am


30. September 1911 statt. Finnentrop – Wennemen war bereits am 16. Januar 1911 in Betrieb gegangen. Die Nebenbahnen im Dreieck Altenhundem/Finnentrop/Wenholthausen konnten nun dem Wohl der Bevölkerung dienen. Ramsbeck erhielt übrigens, wenn auch verspätet, im Jahre 1897 ebenfalls noch den Anschluss zum Bahnhof Bestwig in Form einer Schmalspurbahn (750 mm), allerdings nur für den Güterverkehr zu den dortigen Gruben (Eisenbahn stillgelegt 1952).

So gingen dann die nächsten drei Jahrzehnte des letzten Jahrhunderts fast unbemerkt über unsere Strecke und den Ort Saalhausen hinweg. Die Eisenbahn trug u.a. auch dazu bei, dass sich die Orte des oberen Lennetales auch in touristischer Sicht ("Sommerfrische", Wintersport) weiter entwickelten, was bei dieser herrlichen Landschaft kein Wunder war (Abbildung 2). Im Sommerfahrplan 1939 verbanden so werktags 8 Zugpaare den idyllisch gelegen Bahnhof von Saalhausen mit der „großen weiten Welt“ (Abbildung 3).

(Wird fortgesetzt)




Klaus Meschede sandte uns dieses historische Foto des Bahnhofs Saalhausen von 1921 (Foto: Sammlung Bender / Altenhundem). An dieser Stelle unser erneuter Appell an unsere Leserinnen und Leser: stellen Sie Ihre Bilder von der Bahn der Redaktion zur Verfügung. Der SAALHAUSER BOTE übernimmt die Aufnahmen ins Archiv. Wir lesen Ihr Foto digital ein, d.h., Sie bekommen Ihr Foto selbstverständlich umgehend zurück.



Zurück Inhalt Vor