Saalhauser Bote Nr. 47, 2/2020
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Wie ein Hanomag F20 nach Gleierbrück kam

von Rolf Ledigen

In dieser Ausgabe starten wir eine Serie über ungewöhnliche zwei- oder vierrädrige Oldtimer in Saalhausen und Umgebung.

Zeitreise

Die Geschichte von Theo Zimmermann und seinem heiß geliebten Hanomag F 20

Vorab ein paar Infos und technische Daten zum Fahrzeug von Theo Zimmermann aus dem wunderschönen Gleierbrück.

Hanomag: Typ F 20
Baujahr. 30.11.1970
Motor: Vierzylinder Reihenmotor mit 1600ccm (Lizenzmotor von Austin, England)
Vmax:. 105Km/h
PS: 54
Schaltung: 4-Gang Handschaltung

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Der Hanomag mit seinem Besitzer Theo Zimmermann

Die Firma Hanomag übernahm 1964 den Fahrzeugbauer Tempo aus Hamburg, wo Tempo seit 1949 das Modell Matador produziert hatte, und entwickelte es ständig weiter.

Bereits 1971 kaufte Mercedes-Benz die Firma Hanomag auf und baute unter der Mercedes-Benz Bezeichnung L 206 den Hanomag F20 oder Tempo Matador. Hier lief die Produktion bis 1978.

1978 war für den kleinen Lieferwagen aber noch lange nicht Schluss….. denn der indische Fahrzeughersteller Bajaj Tempo baute den Transporter in Indien weiter.

Letztendlich ist der Mercedes MB 100 von Daimler-Benz, der bis 2016 am asiatischen Markt angeboten wurde, durch seinen Doppelrohrrahmen ein weiterentwickelter Tempo Matador und somit das am längsten gebaute Nutzfahrzeug der Welt.

Wie aber gelangte der Hanomag in Theos Besitz?

Theos Eltern besaßen eine Esso-Tankstelle mit kleiner Werkstatt in Saalhausen. Dort war Theo Schrauber mit Leib und Seele, bis er eines Tages Helga Beckmann aus Gleierbrück kennenlernte. Als er einige Zeit mit Helga „gefriggt“ hatte, sagte ihr Vater „Wenn Du die Helga haben möchtest, arbeitest Du in meinem Betrieb und hörst auf, Autos zu reparieren“.

Er willigte ein, schraubte aber trotzdem immer weiter….sonst wäre der F 20 wohl schon lange verschrottet worden.

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Der Hanomag F20 aus Gleierbrück

In Gleierbrück gab es bis in die 1970er Jahre eine Holzwarenfabrik, die von Fritz Beckmann (Theos Schwiegervater) betrieben wurde und in der Kleinmöbel, Garderobenhaken usw. hergestellt wurden.

Der Betrieb lag an der B 236, dort, wo sich heute der Holzplatz von Günter Henkel befindet.

Um Holz für die Weiterverarbeitung heranzuschaffen, hatte Fritz Beckmann einen Hanomag F 20 mit Kipperpritsche.

Im Jahr 1970 wollte er Buchenholz für den Betrieb vom Ilberg in Saalhausen abfahren. Dabei kam es zu einem schweren Unfall, der F 20 kippte eine Böschung hinunter und überschlug sich mehrmals.

Fritz Beckmann schleppte sich in den Ort zu Heinrich Piepers Schreinerei, wo er durch Dr. Wolf verarztet wurde.

Theo, zusammen mit Karl Volpert aus Milchenbach, fuhr mit Volperts Unimog und Seilwinde bewaffnet zur Unfallstelle, von wo sie den kalt verformten Wagen auf der Heckhydraulik nach Gleierbrück zogen. Der Hanomag war eigentlich reif für die Presse.

Am nächsten Tag, die Firma Beckmann benötigte ja ein Fahrzeug, rief Theo bei Fa. Nies in Olpe (damals Hanomag Vertretung, heute Mercedes Benz) an und fragte nach Ersatz. Diese hatte tatsächlich einen neuen F 20 auf dem Hof, leider ohne Kipper.

Kurzentschlossen holte Theo den neuen Transporter in Olpe ab, baute zusammen mit Reinhold Dettenberg in dessen Schmiede die Kipperpritsche mit Holz-Hilfsrahmen des verunfallten Wagens um, so dass der neue F 20 nach nur einer Woche einsatzbereit war.

Im Jahr 1971 wurde Hanomag, wie schon erwähnt, von Mercedes übernommen und Theo bekam Post von Daimler Benz. Im Briefumschlag, ein neuer Mercedes-Stern, mit der Bitte das Hanomag-Zeichen im Grill zu entfernen und den Stern dort zu befestigen.

Wer Theo kennt, weiß genau, dass der Stern niemals montiert wurde.

Im November 2020 wird der Hanomag 50 Jahre alt, springt direkt an und läuft wie am ersten Tag….. Spricht man mit Theo über den F 20, zaubert es ihm immer noch ein Lächeln ins Gesicht.


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