Saalhauser Bote Nr. 44, 1/2019
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Der Saalhauser Arbeiterrat

von Bernd Brüggemann

Nach dem Aufstand der Matrosen am 29. Oktober 1918 bildeten sich ab dem 3. November 1918 während der sog. Novemberrevolution in zahlreichen Städten Arbeiter- und Soldatenräte, deren Ziel die Abschaffung der Monarchie und eine sozialistische Räterepublik als Alternative zur parlamentarischen Demokratie war. Der als Leitung dieser Räte fungierende und am 10. November 1918 gewählte Vollzugsrat beanspruchte aber vergeblich die politische Macht, die beim Rat der Volksbeauftragen lag. Dieser Rat der Volksbeauftragten war vom Führer der SPD und späteren Reichspräsidenten Friedrich Ebert nach Verhandlungen mit der USPD als provisorische Reichsregierung gegründet worden.

Auch in Westfalen bildeten sich ab dem 8./9. November in den Städten Arbeiter- und Soldatenräte, aber im ländlichen Westfalen blieb es zunächst ruhig. Die bäuerliche Bevölkerung neigte ganz überwiegend der katholischen Zentrumspartei oder den konservativen Parteien zu und war nicht bereit, sich einer Bewegung unter Führung von Sozialisten oder Sozialdemokraten anzuschließen. Hochrangige Vertreter des 1917 als Zusammenschluss der bäuerlichen und großagrarischen Verbände gegründete „Kriegsausschuss der deutschen Landwirtschaft“ verhandelten mit den beiden Volksbeauftragten Philipp Scheidemann und Wilhelm Dittmann und vereinbarten die Bildung von Bauernräten. Nach entsprechenden Aufrufen konstituierten sich auf Orts,- Kreis- und Landesebene rasch Bauernräte, die als Art Notverwaltung für die Zeit des Übergangs fungierten.

Auf Weisung aus Berlin hatte die Bezirksregierung in Arnsberg die Landräte angewiesen, zur Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung die Bildung von Bürgerwehren vorzubereiten und mit den vielerorts gebildeten Arbeiter- und Soldatenräten Verbindung aufzunehmen. Im Kreis Olpe gründete sich der erste Rat in Attendorn am 12. November. Er übernahm die komplette Leitung der Stadt- und Polizeiverwaltung. Auf dem Rathaus wehte für kurze Zeit sogar eine rote Fahne. Der Olper Landrat Freisberg nahm Kontakt zu Josef Schrage, dem hauptamtlichen Sekretär des Christlichen Gewerkschaftsbundes (späterer Zentrums- und CDU-Politiker, einer der Väter des Grundgesetzes), auf. Unter dessen Leitung entstanden dann ab dem 14. November auch an anderen Orten Arbeiter- und Bauernräte, in denen sich die gemäßigten Kräfte durchsetzten. Sie orientierten sich an rein praktischen Aufgaben, die sich aus der militärischen Niederlage und dem Zusammenbruch des monarchistischen Staates ergaben. Es ging um die Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung, die Probleme durch die Demobilisierung der zurückkehrenden Soldaten und die Aufrechterhaltung der Lebensmittelversorgung der hungernden Bevölkerung in den Städten des Ruhrgebiets. So bezogen Ende November 125 Offiziere und 3.300 Mannschaften mit 2.773 Pferden im Kreis Olpe Quartier. In Attendorn wurden das Gymnasium, die Schützenhalle und sämtliche Säle der Stadt zu Notunterkünften.

Der Kirchhundemer Amtmann Henken beauftragte die Gemeindevorsteher von Lenne, Saalhausen und Oberhundem mit der Bildung von Arbeiter- und Bauernräten. In Saalhausen wurden Ferdinand Gerlach, Josef Schmies, Josef Hüttmann, Bernhard Heßmann, Johann Zimmermann und Franz Trilling Mitglieder des Arbeiterrates.

Auf seiner Tagung vom 16. bis 20. Dezember 2018 entschied sich der Deutsche Rätekongress gegen eine sozialistische Räterepublik und beschloss mit überwältigender Mehrheit die Wahl einer Nationalversammlung. Danach fanden auch Kommunalwahlen statt. In der Zeit von März bis Juni 2019 lösten sich diese Arbeiter-, Soldaten- und Bauernräte angesichts der neuen gewählten Gemeindevertretungen auf.


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