Saalhauser Bote Nr. 46, 1/2020
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Ein Pferd muss her...

Erinnerungen von Elmar Ullrich

Seit Beginn des Karnevals in Saalhausen wurde der Wagen des Kinderprinzen von einem Pony aus Gleierbrück gezogen, konkret von „Gastreichs Erwin“. Und dann kam die Überraschung: die Vorbereitungen für den Kinderkarneval waren in vollen Zügen, als die Bombe platzte: das Pony war verstorben und stand somit nicht mehr zur Verfügung.

Guter Rat war gefragt. Es kam Plan B) zum Tragen, konkret ein neues Pferd zu kaufen. Als Experte kam der Schmied Reinhold Dettenberg ins Spiel und mit ihm machte sich eine Gruppe Karnevalisten auf die Suche nach einem passenden Vierbeiner. In der Umgebung bis Cobbenrode wurden die möglichen Höfe besucht und schließlich wurde man auf dem damaligen Reiterhof in Milchenbach fündig.

Ein Pony namens „Moritz“ kam in die engere Wahl, musste aber zunächst noch ein paar Prüfungen über sich ergehen lassen. Nicht nur die Zähne wurden überprüft (von denen ja sogar die Laien wissen, das ihr Zustand etwas über die Gesundheit des Tiers verrät). Auch das Verhalten des Tiers auf laute Musik erwies sich als unproblematisch. Nächster Test: Steingut und Aschenbecher wurden geräuschintensiv zertrümmert. Noch immer keine Reaktion seitens des Ponys.

Eine Flasche Sekt besiegelte den Verkauf. Über den Preis wurde natürlich noch gefeilscht und am Ende war im Verkaufspreis sogar noch der Sattel enthalten. Alles gut. Dann ging es mit dem Pony zu Fuß heimwärts, von Milchenbach nach Saalhausen, wobei Moritz bereits etwas zickig reagierte, so dass zur Ablenkung eine Unterbrechung in Störmecke bei Toni und (der damals schwangeren) Mechthild Hamers eingelegt werden musste.

Weiter ging's nach Saalhausen bis zum nächsten Zwischenstopp bei Gastreichs (Postes.) Die wenigen Treppenstufen hoch waren für Moritz kein Problem. Als Belohnung bediente er sich in der Wirtschaft mit dem Wasser im Spülbecken, natürlich angereichert mit den Resten von Bier. Danach war Moritz nicht mehr zu bewegen, die Treppenstufen wieder runterzugehen. Kurzerhand hoben ihn die anwesenden Karnevalisten hoch und trugen ihn die wenigen Stufen hinunter bis auf die Straße.

Damit Moritz seine neue Heimat auch wirklich kennenlernte, war der weitere Weg vorprogrammiert: auf der anderen Straßenseite ging's zu Schmitten, wo das Pony mit den guten Keksen (Debeukelar) versorgt wurde, während die Karnevalisten das Pony ganz offiziell als neues Mitglied im Karnevalsverein begrüßten.

Übermütig beschloss der 1. Vorsitzende der KG Rote Funken, Paul Schmidt, einen Proberitt, musste aber erleben, dass das Pony in der Wirtschaft alle Viere von sich streckte und keine große Begeisterung über diese Belastung zeigte. Schmitten Benno war wohl ganz froh, als die Truppe sich wieder auf den Weg machte.

Da Voss an diesem Tag Betriebsruhe hatte, ging es gleich rüber auf die andere Lenneseite zu Drees (für die jüngeren Leser: das heutige Lokal von Tasso). Auch hier gab es ein paar Runden Bier, diesmal für die Karnevalisten und für Moritz.

Nur wenige Schritte entfernt, im ehemaligen Schweinestall von Muses Franz (Blöink), verbrachte Moritz die nächsten Tage bis zu seinem ersten Einsatz beim Kinderkarneval.

Der große Tag war gekommen und Moritz wurde über die Brücke in Richtung Schützenhalle geführt, wo der Zug mit dem Kinderprinzen beginnen sollte. Doch schon auf diesem kurzen Weg bockte Moritz. Ganze 3 Zugordner waren notwendig, um das störrische Tier zu beruhigen. Es half nichts, das Pony kam zurück in den Stall und der Kinderprinzenwagen wurde – wie in der Vergangenheit – von einem Traktor gezogen.

Somit war die karnevalistische Karriere dieses Ponys beendet. Es fand eine neue Heimat bei den anderen Pferden von Jägers August, doch selbst hier auf der Weide zeigte Moritz seinen ungestümen Charakter. Später fand sich noch eine Familie mit langer Tradition im Reiten für Moritz.


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